Landkartenausschnitt des Schwarzen Meers mit den umliegenden Ländern. Die Küstenstädte sind mit schwarzen Punkten markiert und beschriftet.

Batumi, Odessa, Trabzon. Kulturelle Semantik des Schwarzen Meeres aus der Perspektive östlicher Hafenstädte

Mit der russischen Annexion der Krim im Frühjahr 2014 ist das Schwarze Meer 150 Jahre nach dem Krimkrieg ins Zentrum der Weltpolitik zurückgekehrt. Der Schwarzmeerraum wurde erneut zum Schauplatz von Verschiebungen der europäischen Grundordnung, woran sich seine geopolitische Bedeutung ebenso beobachten lässt wie die starken symbolischen und affektiven Besetzungen des Schwarzen Meeres. Das Projekt untersuchte die kulturelle Tiefendimension dieser aktuellen Spannungen, in denen ungelöste Konflikte des 19. Jahrhunderts als imperiale Erbschaften reaktiviert wurden.

Der spezifische Ansatz des Projekts bestand darin, unterschiedliche Imaginationen (symbolische und affektive Aufladungen) des Schwarzen Meeres aus der Perspektive der drei Schwarzmeerhäfen Batumi, Odessa und Trabzon zu untersuchen. Diese spielten bereits für die Orientalische Frage des 19. Jahrhunderts eine maßgebliche Rolle und waren zudem Gegenstand militärischer und kultureller Auseinandersetzungen.

Drei Konzepte waren leitend für das Projekt: 1. Kulturelle Semantik – im Sinne der Aufladung von Räumen mit affektiver Bedeutung; 2. Imperiale Erbschaften – verstanden als historische Tiefendimension der gegenwärtigen politischen Auseinandersetzungen, insbesondere angesichts der Diskrepanzen zwischen den Raumvorstellungen imperialer oder sich als imperial imaginierender Vorgängerstaaten und den gegenwärtigen Staaten; 3. Hafenstädte – als privilegierte »Ausnahmeorte«, in denen die staatliche Ordnung aufgebrochen wird und ein besonderer wirtschaftlicher und kultureller Raum entsteht.

Somit konnte der Schwarzmeerraum aus der Perspektive der östlichen Hafenstädte als ein Verbindungsraum beschrieben werden, der eine – wenn auch instabile und oszillierende – alternative Raumordnung zu den imperialen und nationalen Ordnungen darstellt. Es konnte gezeigt werden, dass insbesondere Freihäfen wie Odessa oder Batumi, aber auch andere Hafenstädte des östlichen Schwarzen Meeres Ausnahmeorte im wirtschaftlichen Sinne sind, da sie aus der wirtschaftlichen Ordnung eines Staates herausfallen und Teile einer internationalen Handelsordnung sind. Auch konnten sie einen subversiven und latent antiimperialen Charakter entwickeln, der sich deutlich von der Grundordnung des Zarenreichs unterscheidet und neben der wirtschaftlichen auch eine kulturelle Spezifik aufweist, der in literarischen Texten (wie z.B. Isaak Babels Erzählungen aus Odessa) sichtbar wird.

Das Projekt knüpfte an die Forschungen des 2012–2015 durch die VolkswagenStiftung geförderten Projektes Kulturelle Semantik Georgiens zwischen Kaukasus und Schwarzem Meer an.

 

Abb. oben: Black Sea map, Quelle: Wikipedia

gefördert durch die VolkswagenStiftung 2016–2018 und Programmförderung Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 2019 2016–2019
Leitung: Giorgi Maisuradze, Franziska Thun-Hohenstein
Bearbeitung: Zaal Andronikashvili, Esma Berikishvili, Giorgi Ghvinjilia, Eka Tchkoidze

In Kooperation mit der Staatlichen Ilia Universität Tbilissi

Georgien-Forschung am ZfL

Publikationen

Manfred Sapper, Volker Weichsel, Zaal Andronikashvili (Hg.)

Traumland Georgien
Deutungen zu Kultur und Politik

Osteuropa 7/2018
Berlin 2018, 144 Seiten
ISBN 978-3-8305-3890-5

Zaal Andronikashvili

Giorgi Ghvinjilia

Candan Badem

  • Trabzon as a port city and point of exchange between the Russian and Ottoman empires, in: Zaal Andronikashvili (Hg.): Port Cities as Contact Zones and Cities of Exception. Identity Studies in the Caucasus and the Black Sea Area. Tbilissi: Ilia State University Press (in Vorbereitung)
  • From Empire to the Republic. Cultural Semantics of Trabzon, in: Zaal Andronikashvili, Mzagho Dokhturishvili, Alexis Nuselovici, Bela Tsipuria (Hg.): Black Sea as a Space of Literature and Culture. Tbilissi: Ilia State University Press 2019

Ekaterine Tchkoidze

  • Russian empire’s strategy to make port-cities as contact zones (South Caucasus railway network and Batumi in the 1880s–1910s), in: Zaal Andronikashvili (Hg.): Port Cities as Contact Zones and Cities of Exception. Identity Studies in The Caucasus and the Black Sea Area. Tbilissi: Ilia State University Press (in Vorbereitung)
  • Oil and Soil: the role of Batoum’s economic development in shaping of geopolitical significance of the Caucasus, in: Gelina Harlaftis, Victoria Konstantinova, Igor Lyman (Hg.): The port-cities of the eastern coast of the Black Sea. Form the Azov to the Caucasus, late 18th – early 20th centuries (im Erscheinen)
  • The Black sea in Georgian pilgrims’ writings (18th–19th cc.), in: Zaal Andronikashvili, Mzagho Dokhturishvili, Alexis Nuselovici, Bela Tsipuria (Hg.): Black Sea as a Space of Literature and Culture. Tbilissi: Ilia State University Press 2019
  • The Greeks on the Black sea coast and the Caucasus (1917–1921), in: Teona Iashvili, Ketevan Asatiani, Nino Badiashvili (Hg.): Archival and Source Studies – Trends and Challenges. Tbilissi: Ilia State University Press 2019, 107–113
  • »ra vaḳetet, ras všvrebodit« anu sakartvelos istoria meoce saukunisa [auf Georgisch: »Was haben wir gemacht, was haben wir getrieben« oder die Geschichte Georgiens im 20. Jahrhundert], in: Tamar Neparidze (Hg.): resbublikis 100 celi – 26 esse [100 Jahre der Republik – 26 Essays]. Tbilissi 2018, 205–211
  • Roma e i georgiani nel contesto del pellegrinaggio cristiano (IV–XI ss.), in: Tamar Grdzelidze (Hg.): Roma e i Georgiani. Cultura Studium 109. Roma: Studium Edizioni 2017, 104–113
  • Ṗolitḳuri orientaciis sakitxi me-19 sauḳunis kartul literaturaši vasil barnovis »armazis msxvrevis« mixedvit [auf Georgisch: Die Frage der politischen Orientierung Georgiens in der georgischen Literatur am Beispiel von Vasil Barnovs »Die Zerstörung von Armazi«], in: Maia Baramidze, Manana Mikadze (Hg.): Sprache und Kultur 5. Kutaissi, 519–525

Veranstaltungen

Vortrag
20.12.2019

Zaal Andronikashvili: Hoax im Zeitalter des Künstlichen Intellekts. Viktor Pelevin's Roman »iPhuke 10«

Moskau

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Vortrag
03.12.2019 · 16.00 Uhr

Zaal Andronikashvili: Tbilissi als Kosmopolis

Universität Potsdam, Campus Am Neuen Palais, Haus 9 Hörsaal 102, Am Neuen Palais 10, 14469 Potsdam

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Vortrag
16.11.2019 · 12.00 Uhr

Zaal Andronikashvilli: The Other Empire

Centre Pompidou, Place Georges Pompidou, 75004 Paris (FR)

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Vortrag
23.11.2018 · 09.00 Uhr

Zaal Andronikashvili: Non-Simultaneity in European Development

Institut für Auslandsbeziehungen (ifa), Charlottenplatz 17, 70173 Stuttgart

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Vortrag
19.11.2018 · 18.00 Uhr

Zaal Andronikashvili: Nationbuilding und kulturelle Hegemonialkämpfe im Kaukasus. Georgiens kulturelle Semantik

Eberhard Karls Universität Tübingen, Wilhelmstraße 36, 72074 Tübingen

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Abschlusstagung
25.10.2018 – 27.10.2018

The Black Sea as a Literary and Cultural Area

Staatliche Ilia-Universität, Kakutsa Cholokashvili Ave 3/5, Tbilisi 0162 (GEO)

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Bücherpräsentation und Gespräch
12.10.2018 · 12.00 Uhr

Literarische Brücken. Georgisch-deutsche akademische Zusammenarbeit

Frankfurter Buchmesse, Halle 5.0 / Stand 5.0/B100

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Lesungen und Gespräche
10.10.2018 – 14.10.2018

Veranstaltungen mit Zaal Andronikashvili auf der Frankfurter Buchmesse

Ludwig-Erhard-Anlage 1, 60327 Frankfurt a.M., verschiedene Orte

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Vortrag
14.09.2018 · 19.30 Uhr

Zaal Andronikashvili: »Das Land, das die Literatur sehr liebte«. Ein Streifzug durch die georgische Gegenwartsliteratur

Kur-Apotheke Wolter, Poststr. 15, 57319 Bad Berleburg

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Lesung und Gespräch u.a. mit Zaal Andronikashvili
30.08.2018 · 20.00 Uhr

Der Held im Pardelfell. Eine georgische Sage

Buchhandlung ocelot, Brunnenstr. 181, 10119 Berlin

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Vortrag
09.07.2018 · 16.00 Uhr

Zaal Andronikashvili: Georgische Literatur zwischen keiner Literatur und Weltliteratur

Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), Logenstr. 11, Logenhaus 001

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Vortrag
20.06.2018 · 18.00 Uhr

Zaal Andronikashvili: Das Richtige Leben im Falschen. Die Freiheit der Kunst und Wissenschaft in Sowjetgeorgien

Goethe-Universität Frankfurt, Senckenberganlage 31, 60325 Frankfurt a.M., Campus Bockenheim, Juridicum, Raum 1001 (10. OG)

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Lesung und Diskussion
25.05.2018 · 19.30 Uhr

Neue Lyrik aus Georgien (moderiert von Zaal Andronikashvili)

Literaturhaus Berlin, Fasanenstraße 23, 10719 Berlin

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Podiumsdiskussion
02.12.2017 · 19.30 Uhr

Zaal Andronikashvili: Kiew. Stadt der Helden? (Einführung und Moderation)

Evangelische Akademie Tutzing, Schlossstraße 2+4, 82327 Tutzing

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Vorlesung
15.11.2017 · 16.00 Uhr

Zaal Andronikashvili: Rosa Mai vs. Roter Oktober. Der Kaukasus vor und nach der Oktoberrevolution

Universität Hamburg, Hauptgebäude, Flügel West, Edmund-Siemers-Allee 1, 20146 Hamburg, Raum 221

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Vortrag
01.11.2017 · 18.00 Uhr

Zaal Andronikashvili: Rosa Mai vs. Roter Oktober. Demokratischer Sozialismus in Georgien als eine Alternative zur Diktatur des Proletariats

Institut für Slawistik, Humboldt-Universität zu Berlin, Dorotheenstraße 65, 10117 Berlin, Raum 5.57

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Vortrag
04.10.2017

Zaal Andronikashvili: Theater and Populism from Marx to Laclau

Shota Rustaveli Tbilisi State University of Theatre and Film, 40 Davit Aghmashenebeli Ave, Tbilisi (GEO)

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Vortrag
28.09.2017 · 15.00 Uhr

Zaal Andronikashvili: Literary and Political Romanticism in the XIX century Georgia

Shota Rustaveli Institute of Georgian Literature, Tbilisi, Kostava Str. 5, Assembly Hall

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Vortrag
20.09.2017 · 16.20 Uhr

Zaal Andronikashvili: Demokratischer Sozialismus. Georgische Alternative zur Diktatur des Proletariats

Staatliche Iwane-Dschawachischwili-Universität Tiflis, 1 Chavchavadze Avenue, T'bilisi 0179 (GEO), 115

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Konferenz in Batumi, Georgien
05.09.2017 – 06.09.2017 · 10.00 Uhr

Port Cities as Contact Zones and Cities of Exception (with a special focus on the Black Sea after 1774)

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Mittwochsvortrag
20.04.2016 · 19.00 Uhr

Hannah Baader (Florenz): Laden, tauschen, übersetzen. Praktiken und Ästhetiken an den Schwellen zwischen Land und Meer

ZfL, Schützenstr. 18, 10117 Berlin, 3. Et., Trajekte-Tagungsraum

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Vortrag
04.02.2016 · 19.00 Uhr

Zaal Andronikashvili: Glaubensbrüder oder das Reich des Bösen. Die Russlandbilder der georgischen Literatur

Botschaft der Republik Georgien, Rauchstraße 11, 10787 Berlin

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Medienecho

29.01.2017
Von Puschkin bis heute. Der Kaukasus in der Literatur

Radiobeitrag von Olga Hochweis, unter anderem mit ZfL-Mitarbeiter Zaal Andronikashvili, in: Deutschlandradio Kultur, Sendung: Literatur vom 29.01.2017

18.01.2017
Georgien und Europa. Europäische Perspektiven und Hoffnungen im Südkaukasus

Podcast mit Zaal Andronikashvili und Tim Pritlove über die Geschichte Georgiens und die Beziehung zur Europäischen Union, in: Fokus Europa (Heinrich-Böll-Stiftung) vom 18.01.2017

Beiträge

19.9.2016 Video
»Thalassophobie. Georgien und das Meer«
Gespräch zwischen Zaal Andronikashvili und Gogi Gvakharia in der Sendung »Die Rote Zone«, Kooperation zwischen dem georgischen öffentlich-rechtlichen Sender 1 TV Channel und Radio Free Europe Georgia (auf Georgisch)
Video: © Radio Free Europe