Mittwochsvortrag
28.06.2017 · 19.00 Uhr

Ulrich Bröckling (Freiburg/Konstanz): Postheroische Helden. Ein Zeitbild

Ort: ZfL, Schützenstr. 18, 10117 Berlin, 3. Et., Trajekte-Tagungsraum

Appelle an heroische Tugenden sind in den westlichen Gesellschaften spätestens nach 1945 problematisch geworden. Seit den 1980er Jahren taucht das Attribut ›postheroisch‹ in unterschiedlichen Kontexten auf und beansprucht zeitdiagnostische Aufschließungskraft. Mal bezeichnet es eine Mentalität oder einen Habitus, dann wieder einen Modus der Kriegführung. ›Postheroisch‹ kann sich aber ebenso auf ein Verständnis von Management beziehen, das die Hybris des Social Engineering abgelegt hat. Darüber hinaus können Einstellungen und Gestimmtheiten als ›postheroisch‹ bezeichnet werden, die allergisch auf Pathosformeln reagieren, für Appelle an Opferbereitschaft oder rückhaltlose Identifikationen unempfänglich sind, denen für Tragik die Fallhöhe fehlt und die zur Verehrung großer Männer und ihrer Taten allenfalls ein ironisches Verhältnis pflegen. Der Vortrag folgt weder dieser Diagnose, noch verwirft er sie. Er unternimmt vielmehr eine Zeitdiagnose zweiter Ordnung und fragt: Was sagt es über unsere Gegenwart aus, wenn sie in so unterschiedlichen Bereichen als postheroisch charakterisiert wird?

Moderation: Claude Haas (ZfL)

 

Ulrich Bröckling ist für das akademische Jahr 2016/17 Fellow am Kulturwissenschaftlichen Kolleg Konstanz, wo er unter anderem zu Gegenwartsdiagnosen postheroischer Gesellschaften forscht. Nach Professuren an der Universität Leipzig und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg hat er seit 2011 eine Professur für Kultursoziologie an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg inne. Er ist Mitherausgeber der Zeitschrift »Leviathan. Berliner Zeitschrift für Sozialwissenschaft« sowie des Online-Journals »Behemoth. A Journal on Civilization«. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören neben der Kultursoziologie die Anthropologie, Theorien der Subjektivierung, Historische Soziologie und die Soziologie des Kriegs und des Militärs.


Publikationen (Auswahl)

  • Das Andere der Ordnung. Theorien des Exzeptionellen (Mithg., Weilerswist 2015)
  • Das Politische denken. Zeitgenössische Positionen (Mithg., Bielefeld 2010)
  • Das unternehmerische Selbst. Soziologie einer Subjektivierungsform (Frankfurt/M. 2007)
  • Glossar der Gegenwart (Mithg., Frankfurt 2004)
  • Gouvernementalität der Gegenwart: Studien zur Ökonomisierung des Sozialen (Mithg., Frankfurt 2000)
  • Disziplin. Soziologie und Geschichte militärischer Gehorsamsproduktion (München 1997)