Eva Geulen: Epischer Rhythmus in Anschluss an August Wilhelm Schlegel
Evening lecture at the workshop Bindeformen der Prosa, LMU München
Wo immer es um bewusste Formung von Prosa geht, stehen Fragen der Bindung und Verknüpfung zur Diskussion. Dass Prosa eine freie bzw. ungebundene Rede ist, bedeutet nicht, dass sie sich – wie es bei Cicero heißt – »verflüchtigt und verirrt«; vielmehr weiß sie sich »auch ohne Fesseln selbst das rechte Maß zu setzen«. Die antike Rhetorik interessierte sich in diesem Zusammenhang vor allem für den Periodenbau und den Prosarhythmus. Grundsätzlich operieren die literarische Prosa und zum Teil auch die Sachprosa bis heute mit diesen rhetorischen und poetischen Typen der (Selbst-)Bindung. Doch wurde deren Spektrum im Lauf der Entwicklung neuer Gattungen der Erzählprosa, neuer Textsorten der Kritik, des Kommentars, des Essays, der Geschichtsschreibung usw. und neuer, reflexiver Darstellungsverfahren erheblich erweitert.
Eva Geulen is the director of the ZfL, executive board member of the Centers for Advanced Studies in the Humanities Berlin and professor for European Culture and the History of Knowledge at the Humboldt University of Berlin.