Eva Horn (Universität Wien): Lokal – global – planetarisch. Klima als Raum
Klima, das gegenwärtig vor allem unter dem Aspekt seiner unerhörten, menschengemachten Veränderung thematisiert wird, war ursprünglich ein geographischer Begriff. Klima thematisierte nicht allein einen spezifischen Ort, sondern zugleich auch das, was diesen Ort von anderen unterschied. Im Zuge der »Meteorologisierung« des Klimas im 19. Jahrhundert und später der Entwicklung eines planetarischen Modells des Lebenssystems der Erde durch Lovelock ist Klima nun von einem Raumkonzept zu einem globalen und verzeitlichten Begriff geworden. In einem Bogen von antiken Klima-Konzepten bis zum gegenwärtigen kybernetischen Denken eines planetarischen Lebenssystems in den Erdsystemwissenschaften wird der Vortrag sich den Spannungen zwischen einem »sense of place« und einem »sense of planet« (Ursula Heise) widmen. Dabei soll herausgearbeitet werden, wie unterschiedliche Konzepte von Klima zu einer theoretischen Figur werden, die zwischen diesen Polen des Lokalen und Globalen vermittelt. Als eine solche Vermittlungsfigur, so die These, lässt sich Klima zum Zentralkonzept eines Planetarischen machen, das sich gegen einen Prozess der globalen Destabilisierung des Lebenssystems der Erde im Zeichen des Anthropozäns in Anschlag bringen lässt.
Eva Horn has been Professor at the Institute of German Studies at the University of Vienna since 2009; after her doctorate in Constance and her habilitation in Frankfurt/Oder, she initially held a professorship at the University of Basel. Her research deals with war, enmity and state secrets, but also climate, climate change and the Anthropocene. From 2014 to 2017 she headed the DFG project »Time of Climate. On the Temporalization of Nature in Literary Modernity«. In addition to her academic activities, she is an associate member of the board of the discussion group of the intelligence services in Berlin.
Publications (selected):
- Jenseits der Kindeskinder. Nachhaltigkeit im Anthropozän (in: Merkur 2017)
- Zukunft als Katastrophe. Fiktion und Prävention (Frankfurt a.M. 2014)
- Die Fiktion von der jüdischen Weltverschwörung. Zu Text und Kontext der »Protokolle der Weisen von Zion« (Göttingen 2012, Mithg.)
- Der geheime Krieg. Verrat, Spionage und moderne Fiktion (Frankfurt a.M. 2007)
- Literatur als Philosophie – Philosophie als Literatur (München 2005, Mithg.)
- Trauer schreiben. Die Toten im Text der Goethezeit (München 1998)