Freud und Adorno. Zur Urgeschichte der Moderne
Program
Christine Kirchhoff, Falko Schmieder (Hg.)
Freud und Adorno. Zur Urgeschichte der Moderne
LiteraturForschung Bd. 19
Kulturverlag Kadmos, Berlin 2014
Die Psychoanalyse Freuds und die kritische Theorie Adornos teilen das Schicksal, zu den Theorien zu gehören, die seit dem proklamierten »Ende der großen Erzählungen« (Jean-Francois Lyotard) und dem Aufstieg postmoderner Bewusstseinsformen in die Krise geraten sind; in öffentlichen wie akademischen Debatten spielen sie kaum mehr eine Rolle.
Der Band soll einen Beitrag dazu leisten, die Auseinandersetzung mit Psychoanalyse und kritischer Theorie vor dem Hintergrund des »linguistic turns« und der Herausforderung der Geistes- und Kulturwissenschaften durch die neuen naturwissenschaftlichen Erklärungsmodelle der »life sciences« wieder aufzunehmen und weiterzuführen.
Adorno insistiert gegen jeden psychologischen Reduktionismus auf der Objektivität des Vorrangs der zweiten Natur, zugleich aber auch darauf, dass dieser Vorrang ein Produkt der Geschichte und damit reversibel ist. Ein korrespondierendes Moment der Psychoanalyse – in Theorie und Praxis – liegt darin, den Einzelnen in die Lage zu versetzen, überhaupt oder mehr Subjekt der eigenen Geschichte zu werden.
Mit Freud und Adorno ist daher das Unabgegoltene beider Ansätze in den Blick zu nehmen: Beide Theorien sind so lange nicht veraltet, wie die Einrichtung einer im emphatischen Sinne vernünftigen Gesellschaft, ausgerichtet nach den Bedürfnissen der Menschen (Adorno) bzw. einer Kultur, die keinen mehr erdrückt (Freud) noch immer aussteht.