Workshop
13 Jul 2009 – 14 Jul 2009 · 2.00 am

Freuds Referenzen

Venue: ZfL, Schützenstr. 18, 10117 Berlin, 3. Et.. Raum 303
Contact: Christine Kirchhoff, Gerhard Scharbert
Research project(s): Freud and the Sciences

Program

Die Psychoanalyse Sigmund Freuds hat ihre Spuren in nahezu allen Wissensfeldern des 20. Jahrhunderts hinterlassen. Doch auch Freud selbst war eingebunden in zeitgenössische Diskurse, entwickelte die Psychoanalyse in Korrespondenz mit bereits bestehenden Disziplinen. In seiner Bezugnahme auf Disziplinen wie Neurologie, Entwicklungsgeschichte, Embryologie oder Psychiatrie, aber auch auf Kunst und Literatur zeigt sich, dass Arbeiten mit Referenzen bei Freud zweierlei bedeutet: Einerseits entwickelt er aus dem Material, auf das er sich bezieht, Fragen und Deutungen seiner eigenen Theorie, andererseits übt die Beschäftigung auch mit zu seiner Zeit einer wissenschaftlichen Psychologie zunächst ferner erscheinenden Gegenständen wiederum Einfluss auf diese aus. Damit verändern sie sich innerhalb des Freudschen Bezugnehmens, die psychoanalytische Interpretation verändert sie - indessen auch umgekehrt: Das Material, das Freud bearbeitet, zeitigt Einfluss auf seine Theorie. Beide Bewegungen lassen sich kaum trennen. Anlässlich der gegenwärtigen Wiederentdeckung der Psychoanalyse durch die Neurowissenschaften, wird die Tagung "Freuds Referenzen" wissenschaftshistorische Wurzeln und Einflüsse im Werk Freuds sowie die Konjunkturen der Bezugnahme auf die Psychoanalyse von verschiedenen Seiten her in den Blick nehmen.

Was bedeuten die Freudschen Bezüge? Was bedeuten sie im Rahmen seiner Arbeit und wie - oder in welcher Form - funktionieren sie? Wann, wie und warum bezieht sich Freud auf wen - oder behauptet dies nicht zu tun? Umgekehrt ist zu fragen: Warum wird Freud wiederentdeckt? Welcher Freud ist es, der wiedergefunden wird? Verändern sich die Freudschen Konzepte, wenn auf sie Bezug genommen wird? Inwiefern unterscheiden sich die Bezugnahmen auf Freud, und was ist ihr jeweiliger Antrieb? Eine weitere Frage an Freuds epochales Werk wäre, ob sich die im Gefolge der aufkommenden Psychoanalyse aufgestellten Prognosen zur grundstürzenden Veränderung der conditio humana bewahrheitet haben, und inwieweit diese von neueren Theoriebildungen gestützt oder konterkariert werden.

Mit Vertretern aus Kulturwissenschaft, Wissenschafts- und Medizingeschichte, Literaturwissenschaft, Psychologie und Neurowissenschaft wollen wir Freuds Referenzen wie auch die Referenzen auf Freud diskutieren.

PROGRAMM (Stand: 30.6.2009)

Montag, 13. Juli 2009

14.30


Peter Berz (Berlin/Weimar): Die Einzeller und die Lust

Gerhard Scharbert (ZfL): Sprache als Symptom von Pinel bis Freud

Moderation: Ohad Parnes (ZfL)

16.30

Heinz Schott (Bonn): Im Zauberspiegel der Selbstanalyse: Naturphilosophische Reminiszenzen bei Sigmund Freud

Mai Wegener (Berlin): Übertragen, Umlagern, Kappen. Freuds Apparat und das Unternehmen der Technik

Moderation: Christine Kirchhoff (ZfL)

18.30

Brigitte Boothe (Zürich): Zur Aktualität der ödipalen Situation

Christine Kirchhoff (ZfL): Hoffnung, Aufschub, Reihenbildung: Freud und die Naturwissenschaften

Moderation: Falko Schmieder (ZfL)

Dienstag, 14. Juli 2009

9.30


Ilit Ferber (Tel Aviv): Language’s Wound. Freud on Aphasia

Eckart Goebel (New York): Der Mythos von Innen und Außen. Freuds Leviathan (engl.)

Moderation: Gerhard Scharbert (ZfL)

11.30

Felicity Callard/Constantina Papoulias (London): The Impossible Relation: Psychoanalysis, Neuroscience and the Question of the Drive

Katarina Fotopoulou (London): From Neurosciences, Cognitive Psychology to Freudian Metapsychology. Is there a Common Language?

Moderation: Sabine Flach (ZfL)

14.30

Philipp v. Hilgers (Berlin): Freud und die Kybernetik. Ein Versuch über Ein- und Ausschlüsse (engl.)

Armin Schäfer (ZfL/Erfurt): The Molecular Revolution in Psychiatry. Gilles Deleuze’s and Félix Guattari’s "Anti-Oedipus"

Moderation: Erik Porath (ZfL)

16.00
Abschlussdiskussion

Publications

Christine Kirchhoff, Gerhard Scharbert (ed./eds.)

Freuds Referenzen

LiteraturForschung vol. 15
Kulturverlag Kadmos, Berlin 2012, 252 pages
ISBN 978-3-86599-162-1