Workshop
04 May 2007 – 05 May 2007 · 2.00 am

Namen. Benennung, Verehrung, Wirkung (1850–1930)

Venue: ZfL, Schützenstr. 18, 3. Etage, 10117 Berlin, Trajekte-Tagungsraum 308
Contact: Tatjana Petzer, Sylvia Sasse, Franziska Thun-Hohenstein, Sandro Zanetti
Research project(s): Intensität

Program

Dass jedes Ding von Natur aus seine richtige Benennung erhalten habe, ist – seit Platon – Voraussetzung für ein Sprachverständnis, das von einer natürlich motivierten und unmittelbaren Beziehung zwischen Name und Ding ausgeht. Eine solche Namenstheorie impliziert, dass der Name im Ding schon vorhanden sei, dass er nur noch gefunden und extrahiert werden müsse. Religiös motivierte Namenskonzeptionen dagegen scheinen in eine etwas andere Richtung zu zielen. Hier ist es eher der Name, der das Ding, die Person oder die Sache prägt oder gar hervorbringt.
Mythopoetische und religiöse Namenskonzepte spielen in der Sprachphilosophie und Literatur der Moderne eine prominente Rolle, und dies, obwohl diese Konzepte in deutlichem Widerspruch zu jenen – seit Ferdinand de Saussure tonangebenden – Sprachtheorien stehen, die von der Konventionalität und Arbitrarität des Zeichens ausgehen. Auf der Arbeitstagung soll jene Kehrseite der modernen Sprachphilosophie untersucht werden, für die Namensphilosophie, Onomaturgie und Onomatopoetik stellvertretend stehen können. Diskutiert werden soll, worin die Attraktivität dieser Namenskonzepte im Einzelfall bestand und welche Ausprägungen diese Konzepte in concreto erfuhren. Ausgehend von der Rolle des Namens (als sprachtheoretisches Konzept) in philosophischen und literarischen Texten der Moderne werden mit Benennung, Verehrung und Wirkung drei Dimensionen des Namens untersucht.


PROGRAMM:

Freitag, 4. Mai 2007

14.00 Uhr
Begrüßung: Franziska Thun-Hohenstein (ZfL)

Religion
Moderation: Sandro Zanetti (Basel)
14.30 - 16.00 Uhr
Martin Treml (ZfL): Magie, Kraft und Verbot des Namens in den Religionen

Stefan Willer (ZfL): Wuchernde Abstraktion. Hermann Usener und Ernst Cassirer über Götternamen

Moderation: Tatjana Petzer (ZfL)

16.30 - 18.00 Uhr
Michael Hagemeister (Basel): Imjaslavie – imjadejstvie: Namensmystik und Namensmagie in Russland (1900-1930)

Thomáš Glanc (Prag/Moskau): Name – Sprache – Licht. Die russische Namensverehrung im Kontext der ‚westeuropäischen‘ Linguistik

Samstag, 5. Mai 2007

Namen-Geben
Moderation: Stefan Willer (ZfL)

10.30 - 12.00 Uhr
Thomas Schestag (Evanston): „Das Kind beim (rechten) Namen nennen“: ... Homer ... Goethe ... Joyce ...

Elisabeth Strowick (ZfL): "Sprödes Material". Zum Namen bei Freud

Psychophysik
Moderation: Justus Fetscher (ZfL)

14.30 - 16.00 Uhr
Erik Porath (ZfL): Zu Magie, Rhetorik und Psychophysik des Namens in der Psychoanalyse Sigmund Freuds

Tatjana Petzer (ZfL): Aleksej und Pavel. Zur psychophysischen Wirksamkeit von Namen bei Pavel Aleksandrovič Florenskij

Politik
Moderation: Sylvia Sasse (HU Berlin)

16.30 - 18.00 Uhr
Franziska Thun-Hohenstein (ZfL): Andrej Platonovs Poetik des Namens und der sowjetische Namenskult

Sandro Zanetti (Basel): 1919. Margarete Susman und die Politik des Namens


in Kooperation mit dem Institut für Slawistik der Humboldt Universität zu Berlin

Publications

Tatjana Petzer, Sylvia Sasse, Franziska Thun-Hohenstein, Sandro Zanetti (ed./eds.)

Namen
Benennung – Verehrung – Wirkung. Positionen in der europäischen Moderne

LiteraturForschung vol. 8
Kadmos, Berlin 2009, 304 pages
ISBN 978-3-86599-077-8