ZfL Semesterthema SoSe 2013
01 Apr 2013 – 30 Sep 2013

Religion und Repräsentation

Program

Kulturwissenschaftliche Forschung zur Religion versteht diese nicht nur als ›Kontext‹ (Hintergrund, Supplement oder Surplus) anderer kultureller Praktiken oder Zeichensysteme, sondern als deren integraler Teil: Religion existiert in kulturellen Formen und ist kulturell ausgesprochen produktiv, indem sie etwa Medienverbünde und Darstellungsformen entwickelt, die auch in der säkularen Moderne eine zentrale Bedeutung haben. Umgekehrt sind kulturelle Formen oft religiös besetzt, etwa wenn in aktuellen wie historischen Debatten über Repräsentation auf religiöse Modelle wie die Eucharistie, die Ikone oder das Bilderverbot zurückgegriffen wird.

Religion und Repräsentation sind daher nicht als feste Größen zu fassen, sondern als Problemanzeigen, die sich gerade durch ihre wechselseitige Bezogenheit erhellen können. So kann etwa die dogmatische und essentialisierende Rede von ›der‹ Religion (›dem‹ Monotheismus, ›dem‹ Islam usw.) ersetzt werden durch eine Untersuchung von hybriden Religionskulturen. In diesen mischen sich nicht nur verschiedene religiöse Traditionen oder Konfessionen, sondern sie verbinden sich auch mit anderen kulturellen Registern wie Politik, Ethik oder Recht. Auch ›Repräsentation‹ lässt sich weniger als analytische Kategorie denn als Verhandlungsfeld begreifen, auf dem fortwährend über das Verhältnis verschiedener Medien und Epistemologien gestritten wird: über das Verhältnis von Darstellung und Abbildung, von Produktion und Performanz, Präsenz und Repräsentation.

Diese doppelte Hybridität gilt es produktiv zu machen. Anstatt scharf zu unterscheiden oder eindeutige Geschichten zu erzählen, achtet kulturwissenschaftliche Forschung auf das Uneindeutige, Vielschichtige, Plurale: etwa auf das Nachleben religiöser Figuren in scheinbar säkularen Kontexten oder auf Phänomene, bei denen nicht mehr entscheidbar ist, ob sie ›noch‹ (oder ›schon wieder‹) religiös sind oder nicht. Gerade solche Übergangs- und Schwellenphänomene erlauben es, die Komplexität der kulturellen Wirklichkeit lesbar zu machen.