Erklärung des ZfL zu Memorial
Mit Erschütterung hat das Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin (ZfL) zur Kenntnis genommen, dass die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation am 11. November 2021 die Auflösung der Internationalen Gesellschaft für historische Aufklärung, Menschenrechte und soziale Fürsorge Memorial beantragt hat.
Seit vielen Jahren kooperiert das ZfL mit Memorial auf verschiedenen Ebenen. Mit Memorial teilt das ZfL die Überzeugung, dass eine fundierte Aufklärungsarbeit über politisch motivierte Verfolgung und Repression in der Vergangenheit unabdingbar ist für die Gestaltung eines menschenwürdigen Lebens in der Gegenwart und Zukunft, nicht nur in Russland, sondern in allen Ländern. Fragen des kulturellen Gedächtnisses und der Erinnerungspolitik stehen auch im Mittelpunkt unserer Arbeit. Zahlreiche Veranstaltungen und wissenschaftliche Projekte am ZfL widmen sich den Darstellungen der Verbrechen des Stalinismus und des Gulag, dem Leben und Werk von Warlam Schalamow oder den Repräsentationen des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust in osteuropäischen Literaturen. Insbesondere mit der Memorial-Mitarbeiterin Irina Scherbakowa, einer Germanistin und Historikerin, die seit 2010 Honorary Member des ZfL ist, gibt es seit vielen Jahren eine fruchtbare Zusammenarbeit. Die Gesellschaft Memorial hat seit ihrer Gründung einen enorm wichtigen Beitrag dazu geleistet, die Erinnerung an die sowjetischen Opfer von Krieg, Terror und Gewalt im 20. Jahrhundert stärker im gesamteuropäischen historischen und kulturellen Gedächtnis zu verankern.
Die Anklage gegen Memorial ist ein Affront gegen die Zivilgesellschaft. Wir erklären unsere Solidarität mit Memorial.
Im Namen des ZfL:
Prof. Dr. Eva Geulen, Direktorin des Leibniz-Zentrums für Literatur- und Kulturforschung