11.10.2022

Georg Simmerl erhält Carlo-Barck-Preis des ZfL

Den Carlo-Barck-Preis des Jahres 2022 erhält Georg Simmerl. In seiner Dissertation »Die Gründerkrise. Kritik und Regierungskunst des Liberalismus in den Anfängen des deutschen Nationalstaats 1873–1879« unternimmt der Kulturwissenschaftler auf beeindruckende Weise eine neue Geschichtsschreibung der Gründerkrise abseits des Narrativs einer mit ihr einsetzenden ›antiliberalen Wende‹.

Im Rückgriff auf Foucaults Studien zu den liberalen Krisen des Regierens und Kosellecks Kritik und Krise verbindet Simmerl eine materialreiche Chronik der Ereignisse mit der Untersuchung der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstehenden ›Krisenpoetik‹. Überzeugend weist er nach, wie sich im öffentlichen ökonomischen Meinungsstreit der Liberalismus als ein umfassendes biopolitisches Denksystem zeigt. Von den zeitgenössischen Strategien des Krisenregierens um 1873, die ihren Ausdruck in Sozialistenverfolgung, Interventionspragmatismus und (häufig antislawisch gewendetem) Antisemitismus finden, zeichnet Simmerl schließlich Verbindungslinien zur bundesrepublikanischen Gegenwart und wirft ein Schlaglicht auf die lange Problemgeschichte des deutschen Liberalismus.

Mit dem 2017 vom ZfL erstmals vergebenen Carlo-Barck-Preis werden Dissertationen auf dem Gebiet der Literatur- und Kulturwissenschaften ausgezeichnet, die durch innovative Fragestellung und originelle Anlage bestechen. Der Preis wird in der Regel alle zwei Jahre verliehen, das Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro als sechsmonatiges Stipendium für einen Gastaufenthalt am ZfL vergeben.

Der Romanist Karlheinz »Carlo« Barck (1934–2012) hat das Forschungsprogramm des ZfL entscheidend mitgeprägt. Er ist bekannt für seine Forschungen zur Geschichte der Ästhetik und Imagination seit dem 18. Jahrhundert. Unter seiner Federführung entstand das Wörterbuch der Ästhetischen Grundbegriffe.