Alexander von Humboldt-Forschungspreis für Homi K. Bhabha
Der international einflussreiche Kultur- und Literaturtheoretiker Homi K. Bhabha (Harvard University) erhält in Folge der Nominierung durch Sigrid Weigel den mit 60.000 Euro dotierten Alexander von Humboldt-Forschungspreis. Die damit verbundenen Forschungsaufenthalte in Berlin am Zentrum für Literatur- und Kulturforschung will Bhabha nutzen, um über Hannah Arendt zu arbeiten und in Kooperation mit Wissenschaftlern des ZfL die Korrespondenzen zwischen Arendts Theorie des Dazwischen und seinem Konzept des Third Space zu erkunden. Besondere Aufmerksamkeit soll dabei der Wirkung von Arendts Denken jenseits der eingefahrenen Wege in der deutschen und US-amerikanischen Wissenschaft gelten.
Homi K. Bhabha, seit 2015 Honorary Member des ZfL, ist bekannt geworden durch einen neuen Blick auf kulturelle Praktiken unter Bedingungen von Exil, Migration oder Multikulturalismus. Dabei entwickelte er eine Theorie des third space (als räumlich konzipierte Zone kultureller Differenz), der von Hybridität, Ambivalenz und Kosmopolitismus geprägt ist. Mit seinem Buch The Location of Culture (1994) festigte er seinen Ruf als einer der führenden Vertreter des Postkolonialismus. Der Kolonialismus gehört für ihn jedoch nicht der Vergangenheit an, sondern ist weiterhin virulent. Viele von ihm geprägte theoretische Figuren sind zu Schlüsselbegriffen aktueller Kulturtheorie geworden. Seine Thesen und Konzepte entfalten ihre Wirkung nicht nur in den Literatur-, Kunst-, Kultur- und Sozialwissenschaften; sie inspirieren auch öffentliche Debatten zur Integrationspolitik und Interkulturalität.
In der Debatte um die Humanities arbeitet er deren Relevanz in einer globalen Kultur heraus und streitet für die Unverzichtbarkeit und das Potential historisch-hermeneutischen Denkens. In seinen jüngsten Publikationen setzt Bhabha neue Akzente: Mit Positionsbestimmungen zu Gegenwart und Zukunft der Humanities entwickelt er Perspektiven eines »Human Learning«. Bei aller Vielfalt ihrer disziplinären Zugänge definieren sich die Humanities über eine letztlich gemeinsame Art des Welt-Bezugs: »They are in the world, but not entirely of it.«
Homi K. Bhabha (geb. 1949 in Mumbai, Indien) ist Anne F. Rothenberg Professor of the Humanities im Department of English, Direktor des Humanities Center und Senior Advisor on the Humanities to the President and Provost der Harvard University. Er studierte an der Bombay University und am Christ Church College Oxford und promovierte dort mit einer Arbeit zu V. S. Naipaul. Er lehrte u.a. an den Universitäten von Oxford, Sussex, Warwick, London und Chicago. Unter zahlreichen Ehrendoktorwürden ist auch die der Freien Universität Berlin (2012). Im selben Jahr wurde er mit dem Padma Bhushan-Preis für Literatur und Bildung der indischen Regierung ausgezeichnet.
Homi K. Bhabha