ZfL INFO 16/2025: Aktuelle Beiträge im ZfL Blog
AKTUELLE BEITRÄGE IM ZfL BLOG
- Gianna Zocco liest René Aguigahs Baldwin-Porträt (12.2.2025)
- Lukas Schemper über Schiffbruch und Seenotrettung in »Das Boot« (16.12.2024)
- Sarah Kiani über die vielen Gesichter des Hugo Marcus (9.12.2024)
- Pola Groß liest Clarice Lispectors crônicas (25.11.2024)
Gianna Zocco: 100 JAHRE JAMES BALDWIN. Zu René Aguigahs Baldwin-Porträt
Claude Haas hat kürzlich anlässlich des Kafka-Jahres bemerkt, dass die intellektuelle Ausbeute literarischer Gedenkjahre in der Regel mager ausfalle und zu solchen Anlässen »viel Nippes« auf den Markt geworfen werde. Im Fall des afroamerikanischen Schriftstellers und Aktivisten James Baldwin, der 2024 seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte, ist die Lage glücklicherweise eine andere. Denn sein Jubiläum fiel in eine schon seit einigen Jahren andauernde ›Baldwin-Renaissance‹, die maßgeblich durch Filme wie Raoul Pecks I Am Not Your Negro (2016) und Barry Jenkins’ If Beale Street Could Talk (2018) angestoßen wurde und im Zuge der Internationalisierung der Black Lives Matter-Bewegung nach der Ermordung von George Floyd 2020 weiter an Fahrt gewann.
Lukas Schemper: Retten, Töten oder Sterbenlassen? SCHIFFBRUCH UND SEENOTRETTUNG IN »DAS BOOT«
Seit Kurzem kann man die Serie Das Boot, deren letzte Staffel bereits im vergangenen Herbst auf dem TV-Sender Sky ausgestrahlt wurde, auch auf Netflix sehen. Sie lehnt sich frei an Romane Lothar-Günther Buchheims an, allen voran den 1973 erschienenen gleichnamigen Bestseller und dessen Verfilmung von 1981. Sowohl Buchheims Bücher als auch die aktuelle Serie thematisieren die Atlantikfront des U-Boot-Kriegs im Zweiten Weltkrieg sowie den Kontext der deutschen Besatzung Frankreichs, welche die Voraussetzung für die Errichtung deutscher U-Boot-Stützpunkte an der französischen Atlantikküste war. Wie Babylon Berlin oder Der Pass ist Das Boot eine Serienproduktion, die aus der deutschen Geschichte bzw. dem deutschen Identitätsverständnis nicht nur ein deutsches Serienerlebnis, sondern einen internationalen Streaming-Erfolg machen sollte. Umso erstaunlicher, dass die Serie bislang kaum von Historiker:innen diskutiert wurde, zumal sie den Nationalsozialismus thematisiert und Buchheims Romanvorlage bei Erscheinen eine Kontroverse in der deutschen Öffentlichkeit ausgelöst hatte.
Sarah Kiani: DIE VIELEN GESICHTER DES HUGO MARCUS
Eine kürzlich erschienene Studie von Marc David Baer über den weitgehend vergessenen Schriftsteller Hugo Marcus (1880–1966) widmet sich dessen vielfältigen, scheinbar widersprüchlichen Identitäten: deutsch, erst jüdisch, dann muslimisch, homosexuell. Es besteht kein Zweifel daran, dass sich in Hugo Marcus’ Biographie Welten kreuzten, die nicht unbedingt dazu bestimmt waren. Doch obwohl er in vielerlei Hinsicht eine erstaunliche Persönlichkeit war, passte er perfekt in seine Zeit: er war das ›Produkt‹ einer besonderen Epoche im späten 19., frühen 20. Jahrhundert in Deutschland und der Schweiz, geprägt durch das intellektuelle Klima der Weimarer Republik, in der die Frage der homosexuellen Emanzipation ebenso im Raum stand wie die Vision eines im Dialog mit Europa stehenden rationalen Islam.
https://www.zflprojekte.de/zfl-blog/2024/12/09/sarah-kiani-die-vielen-gesichter-des-hugo-marcus/
Pola Groß: SCHREIBEN UND LEBEN – CLARICE LISPECTORS CRÔNICAS
Clarice Lispector (1920–1977) gilt als eine der wichtigsten Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts. Während ihr umfangreiches Werk im angelsächsischen, lateinamerikanischen und französischsprachigen Raum mittlerweile im Kontext von Feminismus, Posthumanismus und postkolonialer Literatur diskutiert wird, ist die brasilianische Autorin im deutschsprachigen Raum nur Wenigen bekannt. Das mag vor allem an veralteten, vergriffenen, zuweilen schlicht mangelhaften Übersetzungen liegen. Doch auch die Literaturkritik hat dazu beigetragen: Eine vorrangig biographische Lektüre hat Lispectors Romane und Erzählungen einerseits viel zu lange in Richtung ›Frauenliteratur‹ gerückt, andererseits wurde sie vorschnell als zu komplex bzw. unverständlich abgetan oder als ›hermetisch‹ verklärt. Lispectors literarische Ausdrucksformen und ihr spezifischer Zugriff auf Sprache und Welt lassen sich mit derartigen Etiketten nicht fassen.
Der ZfL BLOG ist 2017 aus dem Arbeitskreis Bloggen in den Geisteswissenschaften am ZfL hervorgegangen. Die Rubrik AD HOC reagiert auf aktuelle Debatten; EINBLICK versammelt Beiträge aus laufenden Forschungsprojekten; LEKTÜREN liefern genau das; SAG MAL! präsentiert die Menschen, die hinter der Forschung stecken. Außerdem enthält der Blog Beiträge zu unseren JAHRESTHEMEN. Die Beiträge des Blogs, die in unregelmäßigen Abständen erscheinen (ca. 30 pro Jahr) stammen vor allem von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ZfL, aber auch von Gästen und Kolleginnen und Kollegen aus dem In- und Ausland. Die meisten der Beiträge sind auf Deutsch, einige auf Englisch verfasst.
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