Prof. em. Hans Belting †
Honorary Member des ZfL, Professor emeritus für Kunstwissenschaft und Medientheorie der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe
Zur Person / Vita
Hans Belting, geb. am 7.7.1935, gest. am 23.1.2023, war von 1980 bis 1992 Professor für Kunstgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, danach Mitbegründer und von 1992 bis 2002 Professor für Kunstwissenschaft und Mediengeschichte der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe, 2002 bis 2003 Inhaber des Europäischen Lehrstuhls am Collège de France und von 2004 bis 2007 Direktor des Internationalen Forschungszentrums Kulturwissenschaften (IFK) in Wien. Belting war Mitglied der Akademie der Wissenschaften Heidelberg und der Academia Europaea, Fellow des Wissenschaftskollegs in Berlin und der American Academy of Arts and Sciences, Mitglied im Orden Pour le mérite für Wissenschaften und Künste. Seit 2006 war Hans Belting Honorary Member des ZfL.
Er hat international richtungsweisende Impulse für eine grundlegende Revision von Selbstverständnis und Methoden der Kunstgeschichte gegeben. So wirkte er mit an der Öffnung der Kunstgeschichte zu einer interdisziplinären Bildwissenschaft. Besonders der innovative Ansatz einer interdisziplinären Vernetzung kunst-, medien- und bildwissenschaftlicher Forschungen ließ ihn über die Fachgrenzen hinaus eine führende Rolle in der Forschung einnehmen. Weitere Forschungsfragen waren einerseits die bildwissenschaftlichen Grundlagen einer europäischen Kulturgeschichte, andererseits die Probleme, die die Analyse der neuen bildgebenden Verfahren und wissenschaftlicher Bilder etwa in der Hirnforschung für die Bildwissenschaft aufgeben. In seinem Buch Florenz und Bagdad deutete er die Erfindung der Perspektive in der Renaissance als Konsequenz einer mathematischen Theorie des Sehens, die in der arabischen Welt entstand.
2015 erhielt Hans Belting den hochdotierten Balzan Preis. Victor Stoichita begründete die Vergabe des Preises für Geschichte der europäischen Kunst (1300–1700) an Belting wie folgt: »Für seinen außerordentlichen Beitrag zum Studium des Sichtbaren und der Funktion von Bildern in der westlichen Welt. Für die Originalität seiner interpretatorischen Annäherung an Kunstwerke im Schnittpunkt von Kulturen und Epochen. Für sein Engagement in der Erforschung der Sprachen der Kunst und deren Bedeutung für das moderne Kunstschaffen«. Von 2016 bis 2019 arbeitete am ZfL ein Teilprojekt des unter seiner Leitung mit dem Preisgeld geförderten interdisziplinären Forschungsprojekts Ikonische Präsenz. Bilder in den Religionen.
Nachrufe
- Henry Keazor: Nachruf auf Hans Belting, in: Jahrbuch der Heidelberger Akademie der Wissenschaften 2023
- Martin Treml: Die Bilder und wir, in: taz, 16.1.2023
- Sigrid Weigel: Bildwissenschaftler avant la lettre, in: Deutschlandfunk Kultur, 13.1.2023
- Stefan Trinks: Kunst kommt von Kult, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.1.2023
Veranstaltungen mit Hans Belting am ZfL
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Öffentliche Abendveranstaltung, 12.1.2009
Tiefenschärfe für die Gegenwartsdiagnose. Die Geisteswissenschaften in der Öffentlichkeit
Publikationen
Monographien (Auswahl)
- Ein Afrikaner in Paris. Léopold Sédar Senghor und die Zukunft der Moderne. München: C.H. Beck 2018 (mit Andrea Buddensieg)
- An Anthropology of Images. Picture, Medium, Body. Princeton: Princeton University Press 2014
- Faces. Eine Geschichte des Gesichts. München: Beck 2013
- Spiegel der Welt. Die Erfindung des Gemäldes in den Niederlanden. München: Beck 2010
- Der Blick hinter Duchamps Tür. Kunst und Perspektive bei Duchamp, Sugimoto, Jeff Wall. Köln: Walther König 2009
- Florenz und Bagdad. Eine westöstliche Geschichte des Blicks. München: Beck 2008
- Das echte Bild. München: Beck 2006
- Szenarien der Moderne. Kunst und ihre offenen Grenzen. Hamburg: Philo Fine Arts 2005
- Art History after Modernism. Chicago: University Press Chicago 2003
- Hieronymus Bosch. Der Garten der Lüste. München: Prestel 2002
- Bild-Anthropologie. Entwürfe für eine Bildwissenschaft. München: Wilhelm Fink 2001
- Die Deutschen und ihre Kunst. Ein schwieriges Erbe. München: Beck 1992
- Max Beckmann. Die Tradition als Problem in der Kunst der Moderne. München: Deutscher Kunstverlag 1984
- Das Bild und sein Publikum im Mittelalter. Form und Funktion früher Bildtafeln der Passion. Berlin: Gebr. Mann 1981
Herausgaben (Auswahl)
- The Global Art World. Audiences, Markets, and Museums. Ostfildern: Hatje Cantz 2009 (mit Andrea Buddensieg)
Aufsätze (Auswahl)
- Face oder Trace? Zur Anthropologie der frühen Christus-Porträts, in: Sigrid Weigel (Hg.): Gesichter. Kulturgeschichtliche Szenen aus der Arbeit am Bildnis des Menschen. München: Wilhelm Fink 2013, 91–102 (mit Christine Kutschbach)
- Nachrufe auf das Gesicht: Rilke und Artaud, in: Corina Caduff, Anne-Kathrin Reulecke, Ulrike Vedder (Hg.): Passionen. Objekte – Schauplätze – Denkstile. München: Wilhelm Fink 2011, 285–293
- Der Kult Sebastians – ein christlicher Märtyrer als Kunst-Werk der Renaissance, in: Sigrid Weigel (Hg.): Märtyrer-Porträts. Von Opfertod, Blutzeugen und heiligen Kriegern. München: Wilhelm Fink 2007, 162–164