Das gebrochene Medium. Die österreichische Moderne und das Ereignis der Form
Das Forschungsprojekt untersuchte ästhetische Zeitkonzepte der österreichischen Moderne, die gemäß der leitenden Arbeitshypothese in den »großen« Gattungen von Drama, Oper und Roman ihren deutlichsten Ausdruck fanden. Ziel des Projekts war es, ein spezifisch österreichisches Modell von ästhetischer Zeit sichtbar zu machen, das nur vor dem Hintergrund einer spezifisch österreichischen Tradition des Geschichtsdenkens möglich ist. Da im Habsburger Reich des 19. Jahrhunderts das Verhältnis von Zeit und Form – sei es im politischen oder im ästhetischen Kontext – nicht primär geschichtsphilosophisch verstanden wurde, verfügen österreichische Künstler des 20. Jahrhunderts, so die These, über andere Mittel als ihre deutschen Zeitgenossen, um die bevorzugten Gattungen eines geschichtsphilosophisch geprägten Bildungsbürgertums neu zu konzipieren und gerade dadurch in die Moderne einer nachbürgerlichen Weltliteratur hinüberzuretten.
Im Rahmen des Projekts wurde die scheinbar paradoxe Logik eines »rückwärtsgewandten Futurismus«, die für diese österreichische Tradition des Geschichtsdenkens charakteristisch ist, anhand einer Reihe von Werkinterpretationen (Hofmannsthal, Schönberg, Berg, Musil, Broch, Rilke) analysiert. Es wurde versucht, die dadurch aufgeworfenen Fragen – Warum liefert das gescheiterte politische Modell des Habsburger Reichs eine scheinbar unverzichtbare Grundlage für so viele formale Innovationen in der ästhetischen Modellierung des modernen Kunstwerkes? Wie ermöglicht die alte »österreichische Idee« einer supranationalen »Einheit im Diversen« neue Zugänge zum Problem einer posteschatologischen, postgeschichtsphilosophischen Kunst? – mit einer neuen Theorie der österreichischen Zeitstrukturen zu beantworten.
Publikationen
Sarah Pourciau
- A/logos: An Anomalous Episode in the History of Number, in: Modern Language Notes: German Issue 134 (2019), 616–642
- God’s Broken Medium: On Genre and Geschichtsphilosophie in Schoenberg’s Moses und Aron, in: The Opera Quarterly 33.2 (2017), 140–160
Veranstaltungen
Sarah Pourciau: The Face of the Waters. Wave Pictures from Grimm to Saussure
eikones / Universität Basel
Sarah Pourciau: Zauberspiegel. Zur Medialität der Bekehrung in der Geschichte der christlichen Ästhetik
Saarbrücken
Sarah Pourciau: Die Mediatrix der Kunst. Zu den weiblichen Medien der ästhetischen Transfiguration (Beatrice bis Lulu)
Universität Basel, Deutsches Seminar, Nadelberg 4, 4051 Basel (CH)
Science of the Psyche
Wyndham Grand Pittsburgh Downtown, 600 Commonwealth Pl, Pittsburgh 15222 (USA)
Sarah Pourciau: The Closed and the Open. A Tiny Mathematical History
Technische Universität Berlin