Lichtenbergsche Figuren. Physik und Ästhetik
In dem Projekt ging es um die Wechselwirkungen zwischen Physik und Ästhetik, wie sie aus den Lichtenbergschen Zusätzen und Vorworten zu den Anfangsgründen der Naturlehre (Ersterscheinen 1772, letzte von Lichtenberg betreute Auflage 1794) seines früh verstorbenen Freundes und Kollegen Johann Christian Polycarp Erxleben, den Sudelbüchern und den noch unveröffentlichten Notizen aus dem handschriftlichen Nachlass zu rekonstruieren sind. Im Zugriff auf diese dialogische Textkonstellation – Lichtenberg schreibt über vier Auflagen hin die rasante Entwicklung der physikalischen Forschung und seine eigene Physik in das Kompendium eines anderen Autors ein – lag der literaturwissenschaftliche und wissenschaftsgeschichtliche Ausgangspunkt der Untersuchung. Die das Projekt leitende These war, dass sich in und mit dieser ›Physik‹, nach der dann auch in anderen Textgruppen und -sorten und im institutionengeschichtlichen Kontext der Universität Göttingen gefragt wurde, ein Typus von naturwissenschaftlich orientierter Ästhetik ausbildet, der in den beiden anderen Typen zeitgenössischer Ästhetik – von Baumgarten und Kant – nicht aufgeht. Der Typus dieser Ästhetik ist als Theorie und Praxis sinnlicher Wahrnehmung, folglich als eine Aisthetik zu beschreiben, in der die Elemente: geschärfte sinnliche Wahrnehmung, experimentell-hypothetische Verfahren der Sinnbildung, Visibilisierung des Unsichtbaren und Unbewussten, Imagination und Bildungs-Idee einen noch aufzuklärenden Zusammenhang bilden.
Publikationen
Dieter Kliche
- Zwischen Lemmatisierung und Registrierung. Über die Schwierigkeit, ästhetische Grundbegriffe zu bestimmen, in: Archiv für Begriffsgeschichte (2004), Sonderheft, hg. von Christian Bermes et al.,147–157
- Litterärgeschichte der Naturlehre und Experimentalphysik. Zum Verhältnis von Lehrbuch und Experiment in Georg Christoph Lichtenbergs Physik-Vorlesungen, in: Marie-Theres Federhofer (Hg.): Cardanus. Jahrbuch für Wissenschaftsgeschichte, Band 5. Heidelberg: Palatina Verlag 2005, 39–62
- »Zellen im fremden Stock«. Lichtenbergs Zusätze zu Erxlebens Anfangsgründen der Naturlehre, in: Caroline Welsch, Stefan Willer (Hg.): Interesse für bedingtes Wissen. Beiträge von Philologie und Kulturwissenschaft zur Wissensgeschichte. München: Fink 2007, 295–310