Walter Benjamins publizistische Netzwerke
Walter Benjamin hat einen großen Teil seines Werkes in publizistischen Formen und Formaten geschrieben. Vor allem nach dem Scheitern seiner akademischen Karriere hat Benjamin eine Vielzahl von Texten in Tageszeitungen und Zeitschriften veröffentlicht, oft in dezidiert journalistischen Genres wie Literaturkritik, Reiseberichten, Aphorismen, Glossen und Miszellen. Diese Verlagerung war nicht nur eine Notlösung und der Journalismus nicht nur ein Brotberuf. Benjamin reagierte auch auf den Medienwandel der Weimarer Republik und versuchte, neue Formen des Schreibens und des intellektuellen Handelns auszuprobieren: Heute würde, so Benjamin selbst in Einbahnstraße, einer Sammlung dezidiert journalistischer Texte, die Schrift aus dem Buch auswandern. Dabei reflektiert Benjamin nicht nur über den Medienwandel, sondern setzt sich auch in der Form seiner Texte mit ihm auseinander.
Benjamins publizistische Arbeiten sind lange als nachrangiger Teil des Werkes hinter die Monographie und großen Aufsätze gestellt worden. Heute sind sie insbesondere in den entsprechenden Bänden der Ausgabe Werke und Nachlass gut erschlossen, werden aber immer noch zu wenig und auch zu einseitig im Kontext seines Gesamtwerks gelesen. Publizistische Texte werden jedoch nicht allein geschrieben und sind hochgradig abhängig von ihrem unmittelbaren Kontext: von den Anlässen, zu denen sie entstehen, den Netzwerken – Kollegen, Redakteuren etc. –, die an ihrer Produktion beteiligt sind, von den Formaten der Medien, in denen sie erscheinen.
Das durch die Oxford-Berlin Research Partnership geförderte Projekt untersuchte die publizistischen und persönlichen Netzwerke Benjamins und las seine journalistischen Arbeiten in ihrem publizistischen Kontext.