Pilotstudie zur kulturgeschichtlichen Erforschung der Zeitbudgets im menschlichen Alltag unter besonderer Fokussierung auf das Zeitbudget der Mobilität
Die Studie untersuchte die historische Entwicklung der Zeiteinteilung in der Alltagspraxis des Menschen. Überprüft wurde insbesondere die sogenannte »These vom konstanten Zeitbudget«: Demnach bleibt die gesamte Zeit, in der Personen unterwegs sind, über die Jahrhunderte hinweg in etwa gleich, indem die an sich zu erwartende Verringerung des Zeitaufwands aufgrund der stetigen Verbesserung (Beschleunigung) der Verkehrsmittel durch die damit einhergehende Zunahme der zurückgelegten Entfernungen fortwährend ausgeglichen wurde bzw. wird. Das Argument basiert damit jedoch auf einer rein quantitativen Vermutung. Um die These vollgültig behaupten oder als Mythos der Verkehrswissenschaft widerlegen zu können, mussten jedoch kulturgeschichtlich belegbare, qualitative Faktoren einbezogen werden: so der Wandel im Umgang mit Zeit, die Veränderung von Tätigkeitsfeldern (Berufsfelder wie Freizeitaktivitäten) und Kommunikationsstrukturen (z.B. Geschichte der Post und der Telekommunikation) sowie die variierenden Wertmaßstäbe, nach denen Mobilität als solche wahrgenommen wird.
Folgende Fragestellungen wurden bearbeitet:
- Welches Korpus geeigneter Quellen lässt sich identifizieren, d.h. sinnvoll umgrenzen, um belastbare historisch-empirische Aussagen über das Zeitbudget für die Mobilität der Bevölkerung zu treffen?
- Nach welcher Skalierung können die Zeitbudgets der Alltagspraxis verglichen werden? (im jährlichen Mittel? nach Lebensabschnitten? im Tagesdurchschnitt?)
- Welche technikgeschichtlichen Zäsuren (Postkutschen, Eisenbahn, Erfindung des Fahrrads etc.) sind signifikant? Mit welchen kulturellen Wertbesetzungen, welchem Mentalitätswandel gehen diese einher?