Beiträge zur kulturwissenschaftlichen Zeitschriftenforschung (I)
Themenschwerpunkt in: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur

Bd. 45, Heft 1 (2020)
De Gruyter, Berlin 2020
ISSN 1865-9128 (Online); 0340-4528 (Print)

Themenschwerpunkt: Beiträge zur kulturwissenschaftlichen Zeitschriftenforschung
betreut von Moritz Neuffer, Anke Jaspers und Barbara Picht

So allgegenwärtig Zeitschriften in der Geschichte der Ideen, der Künste und der Wissenschaften sind, so erklärungs- und theoriebedürftig sind ihre Funktionen, Darstellungsweisen und Adressierungsleistungen. Das Internationale Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur (IASL) veröffentlicht in einem zweiteiligen Themenschwerpunkt Beiträge aus dem Arbeitskreis Kulturwissenschaftliche Zeitschriftenforschung, der 2017 am ZfL mitgegründet wurde. Fallbeispiele aus unterschiedlichen historischen Kontexten werden in diesem und im Folgeheft mit Blick auf geteilte methodische Problemstellungen einer kulturwissenschaftlichen Zeitschriftenforschung diskutiert.

 

  • Moritz Neuffer: Editorial | 103–111

  • Nora Ramtke: Zeitschrift und Zeitgeschichte. Die Zeiten (1805–1820) als chronopoetisches Archiv ihrer Gegenwart | 112–134
    In diesem Beitrag werden Zeitschriften als von der Zeit abhängige und mit dieser in Wechselwirkung stehende Medienformate diskutiert. Das periodische Publizieren wird als Form der Chronopoetik aufgefasst, die anhand von Schreibweisen der Gegenwart in Zeitschriften sowie deren vielfältigen Beziehungen zur Geschichtsschreibung untersucht wird. Am Beispiel der Zeiten, einer historisch-politischen Monatszeitschrift der napoleonischen Ära, versteht der Beitrag das chronopoetische Schreiben als Überlappungen von Geschichte, als Erfahrung von Zeit in und durch mediale Formate und beschreibt die spezifischen rhetorischen, materiellen und medialen Zeitlichkeiten von Zeitschriften.

  • Philipp Pabst, Hannah Zipfel: »Bye SPEX! What’s next?« Zur Historisierung einer Pop-Kulturzeitschrift | 135–149
    2018 traf die Krise der Printmedien den deutschen Popjournalismus. Nach Groove, Intro und Melodie und Rhythmus stellte auch die Spex – die einflussreichste Zeitschrift des deutschen Popjournalismus – ihre Produktion ein. Dieser Artikel untersucht die mit häufigen Enden und Krisen gespickte Geschichte der Spex – ein Prozess, der schließlich zur Selbsthistorisierung des Magazins führte.

  • Hannes Fischer: ›Nationaljournale‹ gründen vor 1800: Das Avertissement. Mit bislang verschollenen Werbeschriften des Deutschen Museums (1776–1789) und der Berlinischen Monatsschrift (1783–1796) | 150–187
    Auf der Grundlage neu entdeckter Avertissements rekonstruiert dieser Beitrag den Gründungsprozess der populären Zeitschriften Teutscher Merkur, Deutsches Museum und Berlinische Monatsschrift im späten 18. Jahrhundert. Die Avertissements sollten neue Leser und Autoren für die neu gegründeten Zeitschriften gewinnen. Durch den Vergleich und die Analyse dieser kurzen programmatischen Texte wird aufgezeigt, wie die drei Monatszeitschriften durch die Entwicklung neuer Strategien der Verbreitung und Leserbeteiligung das Konzept des Nationaljournals etablierten.

  • Niklas Schmich: Perspektiven. Zur Krise Europas in der Revista de Occidente und im Merkur | 188–208
    Der Beitrag basiert auf dem Briefwechsel zwischen den ersten Redakteuren der deutschen Kulturzeitschrift Merkur (seit 1947) und dem spanischen Philosophen José Ortega y Gasset, archiviert im Deutschen Literaturarchiv Marbach. Anhand eines Vergleichs zwischen Revista de Occidente (seit 1923) und dem Merkur wird untersucht, wie die Publikationen auf die Krisenrezeption in verschiedenen europäischen Kulturen reagierten und damit eine bestimmte Idee europäischer und nationaler geistiger Erneuerung förderten. Dies war eine entscheidende Dynamik in ihren jeweiligen Nachkriegsdiskursen, zwischen denen der Romanist Ernst Robert Curtius ein wichtiges Bindeglied darstellte. Er publizierte in der spanischen Zeitschrift und setzte mit seiner bedeutenden essayistischen Arbeit einen Ideentransfer vom Süden in den Norden in Gang.

  • Malte Lorenzen: Die Zeitschrift als Medium des Vergleich(en)s. Eine exemplarische Analyse der deutschsprachigen Rundschaupublizistik während des Ersten Weltkriegs | 209–227
    Zeitschriften bringen heterogene Texte zusammen – Texte, die sich in Inhalt, Genre und Autorschaft unterscheiden. Dies wirkt sich auf die Art und Weise aus, wie sie Wissen produzieren. Sie akkumulieren nicht nur einzelne Artikel, sondern eröffnen auch die Möglichkeit, diese miteinander zu vergleichen. Anhand von Beispielen aus deutschen Zeitschriften aus der Zeit des Ersten Weltkriegs zeigt dieser Beitrag das vergleichende erkenntnistheoretische Potenzial der Zeitschrift auf.