Begriffsforschung für Wissenschaften und interdisziplinäre Kooperationen. Neue Ansätze zwischen Begriffsgeschichte und Begriffssystematik
Organisation:
ORGANON terminology toolbox an der Kollegforschergruppe 2615 »Governance-Strategien und Partizipationsformen im Alten Orient«; ZfL Berlin, Projekt Interdisziplinäre Begriffsgeschichte in Kooperation mit dem Exzellenzcluster Topoi
Eine Reihe von aktuellen Projekten bemüht sich darum, den unterschiedlichen Gebrauch von Begriffen in verschiedenen historischen und systematischen Kontexten aufzuklären. Der Grundgedanke ist altbekannt: Die Bedeutung von Worten bestimmt sich durch ihren Kontext und ist damit historisch und systematisch variabel. Auch wenn die einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen sich um eine Fixierung von Bedeutungen bemühen (Definition; Terminologie), so ist der jeweilige Zuschnitt der gewählten Begriffe doch voller Implikationen für die Ausrichtung von Forschung. Eine besondere Bedeutung kommt der Begriffsforschung in interdisziplinären Forschungsverbünden zu: Hier führt die unterschiedliche Verwendung von Begriffen zu Missverständnissen, die wiederum die erhofften Synergie-Effekte unterminieren.
Die Ansätze der Begriffsforschung, in denen die historische und systematische Prägung und Varianz in der Verwendung zentraler wissenschaftlicher und politischer Begriffe derzeit verhandelt wird, stammen aus unterschiedlichen diskursiven Hintergründen: ›Kritische Metaphorologie‹, ›Interdisziplinäre Begriffsgeschichte‹, ›Travelling Concepts‹, ›Historische Semantik‹, ›Experimentelle Begriffsforschung‹ und ›Conceptual Approaches to Science, Technology and Innovation (CASTI)‹ sind beispielsweise Titel, unter denen der Gebrauch von Begriffen beschrieben und Begriffsreflexionen voran-getrieben werden.
Das Nachschlagewerk ›Docupedia-Zeitgeschichte‹ produziert seit einigen Jahren Artikel zu zentralen Begriffen der zeithistorischen Forschung und das aus dem Exzellenzcluster TOPOI hervorgegangene Projekt ›ORGANON terminology toolbox‹ arbeitet an einem Überblicksinstrumentarium zur Verwendung von Begriffen in unterschiedlichen Diskursen.
Für alle solche Ansätze stellt sich die Frage nach dem Verhältnis von diachroner Begriffsgeschichte einerseits und synchroner Vielfalt der Begriffsverwendung andererseits. Die Arten und Ausdifferenzierungen des aktuellen Gebrauchs lassen sich ohne begriffsgenealogische Forschung wohl kaum erschließen. Gleichzeitig bedarf es eines Zugangs zu aktuellen begrifflichen Problem-lagen, um begriffsgeschichtliche Rekonstruktionen sinnvoll anlegen zu können. Und dennoch geht weder Begriffssystematik in Begriffsgeschichte noch Begriffsgeschichte in Begriffssystematik auf: Weder führen alle Formen eines gegenwärtigen Gebrauchs auf historisch relevante Zusammenhänge, noch ist jede Ausprägung des historischen Gebrauchs für die gegenwärtige Lage bedeutsam. So stellt sich die zentrale Frage für unseren Workshop auf folgende Weise:
Wieviel Begriffssystematik braucht die Begriffsgeschichte und wieviel Begriffsgeschichte braucht die Begriffssystematik?
Welche Mittel und Wege gibt es, historische und systematische Erkenntnisse füreinander fruchtbar zu machen?
Programm
Donnerstag, 14.02.2019
Ort: FU Berlin, Kollegforschergruppe 2615 »Governance-Strategien und Partizipationsformen im Alten Orient«, Fabeckstr. 15, 14195 Berlin
14.00
Begrüßung und Einführung
14.15
Werner Kogge, Joselin Düsenberg, Stefan Schreiber (alle FU Berlin): Der Diskursbegriff des Organon-Projekts zwischen Begriffsgeschichte und Systematik
14.35
Diskussion
15.00
Ernst Müller, Falko Schmieder (ZfL): Wie lassen sich Differenzen interdisziplinärer Begriffsverwendung durch historische Arbeit aufklären?
15.20
Diskussion
16.05
David Kaldewey (Bonn), Désirée Schauz (AdW Göttingen): Studien zur wissenschaftpolitischen Sprache. Das Beispiel »Forschung«
16.25
Diskussion
16.50
Georg Toepfer (ZfL): Begriffsgeschichte und Begriffssystematik. Theoretische Überlegungen und Erfahrungen ausgehend von der Biologie und ihrer Geschichte
17.10
Diskussion und Abschlussrunde
Freitag, 15.02.2019
Ort: ZfL, Schützenstr. 18, 10117 Berlin, Seminarraum 303
10.00
Begrüßung und Einführung
10.15
Achim Saupe, Thomas Wernecke (beide ZZF Potsdam): Möglichkeiten einer computergestützten Historischen Semantik
10.35
Diskussion
11.00
Christine Bartlitz (ZZF Potsdam): Transformationen der Begriffsgeschichte durch digitale Publikation. Das Beispiel Docupedia
11.20
Diskussion
12.05
Werner Kogge (FU Berlin): Historische und systematische Aspekte der ›Experimentellen Begriffsforschung‹
12.25
Diskussion und Abschlussrunde