Workshop
28.10.2021 – 29.10.2021

Geschwisterlichkeit. Ästhetische Gegenentwürfe zum Bruderbund und zur patrilinearen Genealogie der Gemeinschaft

Ort: Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung, Schützenstr. 18, 10117 Berlin, Aufgang B, 3. Etage, Trajekteraum
Kontakt: Maud Meyzaud
Ein Workshop des ZfL in Kooperation mit der Professur Kulturtheorie und kulturwissenschaftliche Ästhetik (Därmann) des Instituts für Kulturwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin.
 
Konzeption: Iris Därmann (Humboldt-Universität zu Berlin), Maud Meyzaud (ZfL), Gudrun Rath (Kunstuniversität Linz), Felix Trautmann (Institut für Sozialforschung, Frankfurt am Main)
 
Am Ausgangspunkt des Workshops stehen ästhetische Artikulationsformen und imaginäre Konstellationen der Geschwisterlichkeit, so wie sie sich anhand von und gegen die christlich geprägte und durch die Französische Revolution adaptierte Formel der Brüderlichkeit in frühsozialistischen Bewegungen entwickelt haben. Was passiert mit der Schwester im sozialen Band der Brüder? Kann der politische Neuanfang Mutterschaft einschließen? Muss Geschwisterlichkeit von der Familie aus gedacht werden? Verlangt dann die nichtfamiliale Geschwisterlichkeit nach einer eigenen Ästhetik? Welche alternativen Semantiken und nichtgenealogischen Figurationen der politischen Gemeinschaftlichkeit lassen sich ausgehend von Kindern oder von Tieren entwerfen?

Diesen Fragen will der Workshop nachgehen. Ein inhaltlicher Schwerpunkt liegt dabei auf feministischen Gegenentwürfen zur (heiligen) Gemeinschaft der Brüder vom Frühsozialismus bis zur Pariser Kommune. Darüber hinaus sollen Querverbindungen zu anderen historisch-geographischen Schauplätzen und epistemischen Feldern hergestellt werden: unter anderem zur egalitären Gemeinschaft in der marronage und in den Quilombos ehemals Versklavter, zu den Frauen der haitianischen Revolution, zur Geschwisterlichkeit als epistemologischer Kategorie im 19. Jahrhundert, zu Kindern und Tieren in der Psychoanalyse sowie zur Gemeinschaftlichkeit von menschlichen und nichtmenschlichen Lebewesen in der brasilianischen Ethnologie im 20. Jahrhundert.

 

Abb. oben: aus: Friedrich Ritschl: Thomae Magistri sive Theoduli Monachi ecloga Vocum Atticarum. Halle: Libraria Orphanotrophei, 1832, Quelle: Duke University Library.

Programm

Donnerstag, 28.10.2021

9.15

  • Begrüßung und Einführung

10.00–12.00

  • Caroline Arni (Basel): Mütterliche Filiation und Geschwisterschaft bei den Saint-Simonistinnen
  • Gudrun Rath (Linz): Brüderlichkeit zwischen allen (tous et toutes)

12.15–13.15

  • Stefani Engelstein (Durham, NC/ZfL): Geschwisterlichkeit und Epistemologie im 19. Jahrhundert

15.00–17.00

  • Patrick Eiden-Offe (ZfL): Das Problem der Arbeiterin (nach Joan W. Scott)
  • Felix Trautmann (Frankfurt a.M.): Von der Commune zum Communalismus. Elisée Reclus’ Kritik der Brüderlichkeit, der Ehe und der anarchistischen Enklaven

17.30–18.30

  • Maud Meyzaud (ZfL): Vaterschaft(en) in der sozialen Revolution (Démar, Weitling)


Freitag, 29.10.2021

9.00–11.00

  • Jeanette Ehrmann (Berlin): Ezili Danto. Die verdrängte Weiblichkeit der Haitianischen Revolution
  • Oliver Precht (ZfL): Egalitäre Gesellschaften im Urwald? Marronage als Widerstand, Revolution und Imagination

11.30–12.30

  • Stephan Zandt (Berlin): Konsanguine oder affinale »Brüder«? Perspektivismus und Verwandtschaft in der amerindianischen Anthropologie Brasiliens

14.30–16.30

  • Lena Kugler (Potsdam/Konstanz): Der Schwesterwolf. Psychoanalytische Chimären einer monströsen Trauer
  • Iris Därmann (Berlin): »Ein Kind wird geschlagen«