5. Internationale Sommerakademie des ZfL
20.09.2015 – 25.09.2015

Lebenswissen. Semantiken – Theorien – Praktiken

Ort: ZfL, Schützenstr. 18, 10117 Berlin, 3. Et.
Organisiert von Georg Toepfer u. Stefan Willer (Leitung), Herbert-Kopp-Oberstebrink, Ernst Müller, Falko Schmieder, Katrin Solhdju
Kontakt: Georg Toepfer

Die Semantik von »Leben« als einer »absoluten Metapher« (Hans Blumenberg) ergibt sich daraus, dass der Begriff in sehr verschiedenen Kontexten Gewicht hat. Schillernd ist seine Bedeutung bereits in der Biologie, in der er sowohl einen Zustand organisierter Systeme als auch eine einzelne Körper übersteigende Dynamik (so in der Rede von der »Evolution des Lebens«) bezeichnen kann. Alltagssprachlich verbreitet ist seine Verwendung im biografischen Verständnis für die Einheit einer individuellen Existenz als Summe der eigenen Hoffnungen, Entscheidungen, Widerfahrnisse, Projekte und Beziehungen. Zudem können kulturelle Erzeugnisse über die Kategorie der Lebendigkeit erschlossen werden, so etwa bildnerische Gestaltungen durch die Momente der »Kohäsion und Transgression« (Frank Fehrenbach) oder die Literatur als »ein sich wandelndes und zugleich interaktives Speichermedium von Lebenswissen« (Ottmar Ette). Das kulturelle Lebenswissen folgt dabei nicht nur einer Logik, sondern ist immer schon auf mehrere differente Ordnungen bezogen und steht damit im Gegensatz zu dem auf kohärente Beschreibungen und Erklärungen zielenden naturwissenschaftlichen Zugriff. Die Ausweitung des biologischen Deutungs- und Erklärungsrahmens auf soziale und kulturelle Phänomene zieht es aber nach sich, dass die naturwissenschaftlichen Biowissenschaften in wachsendem Maße den integrativen Begriff des Lebens für sich beanspruchen und sich als »die Lebenswissenschaften« inszenieren.

Angesichts der höchst vielfältigen Kontexte des Lebenswissens wird auf der Sommerakademie nach den Bedeutungen des Lebensbegriffs in unterschiedlichen Theorien, Praktiken und Zusammenhängen gefragt. Angesprochen sind damit Projekte, die sich für die verbindenden Momente des Lebensdiskurses zwischen verschiedenen Fächerkulturen interessieren oder die das Verhältnis von biologischem, biografischem und künstlerischem Lebensbegriff an konkreten Fällen näher untersuchen. Eingeschlossen sind darin auch Projekte, die die Rhetorik und mediale Inszenierung der »Lebenswissenschaften« zum Gegenstand haben. Eingeladen sind darüber hinaus solche Projekte, die sich mit den Dimensionen des Lebenswissens innerhalb einzelner Felder auseinandersetzen, etwa mit der Rolle des Lebensbegriffs in den bildenden Künsten oder mit der Aufnahme und Transformation von biologischen Konzepten in der Literatur (z.B. Schwarm, Symbiose, Superorganismus oder Biodiversität). Schließlich sind auch solche Projekte angesprochen, die sich allgemein für das Verhältnis der geistes- und kulturwissenschaftlichen Disziplinen zu den Biowissenschaften interessieren, etwa für die kulturelle Verankerung und Einbettung der wissenschaftlichen Praktiken, Konzepte und Theorien oder für die Trennungsgeschichte des Lebenswissens in die methodisch und sachlich differenzierten Disziplinen verschiedener Fächerkulturen.

Programm

Öffentliche Abendveranstaltungen

 

 

Abb. oben aus: Charles Lyell: Principles of Geology, New York 1857, Frontispiz