Vortrag
27.06.2019 · 11.30 Uhr

Mareike Schildmann: Puppenspiele. Mimesis der Kindheit bei Walter Benjamin

Ort: Universität Bern, Schanzeneckstr. 1, 3012 Bern (Schweiz), R. A022

Vortrag auf der Internationalen Walter Benjamin-Konferenz (IWBC 2019): Bejamin’s Beginnings (26.–29.06.2019) an der Universität Bern (Schweiz)

Der Vortrag setzt sich mit der Funktion der Nachahmung für Walter Benjamins Theorie der Kindheit, Erziehung und Ästhetik auseinander. Das mimetische Vermögen als genuin kindliche Form des Lernens und des Spiels nimmt insbesondere in den späten Schriften Benjamins eine wichtige Rolle ein – in den beiden Aufsatzvarianten zu einer Lehre des Ähnlichen, in den kleinen Stücken zur Spielzeugkultur und der Berliner Kindheit sowie schließlich besonders prominent in Benjamins Aufsatz zum proletarischen Kindertheater. Die Bedeutung der (theatralen) Mimesis bei Benjamin soll vor dem Hintergrund einer Geschichte der kindlichen Nachahmung in Anthropologie, Philosophie und Erziehungstheorie von Aristoteles bis Nietzsche, im Kontext der humanwissenschaftlichen und reformpädagogischen Wissens-Kultur im »Jahrhundert des Kindes« (Ellen Key) und in Bezug auf ihren poetologischen Stellenwert für Benjamins eigene Ästhetik befragt werden. Dabei soll exemplarisch auch das Verhältnis von Kind und Puppe in den Blick genommen werden, das bei Benjamin nicht nur Aufschluss über den anthropologischen Status des mimetischen Vermögen, sondern zugleich über historische Konzepte der Kindheit zu versprechen gibt – und dabei zentrale Leitdifferenzen verhandelt, die den reformgeprägten Kindheitsdiskurs um 1900 strukturierten: Natürlichkeit vs. Künstlichkeit, Leben vs. Mechanik, Einbildungskraft vs. Nachahmung, Produktion vs. Reproduktion.

Mareike Schildmann, Germanistin, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt Lebenslehre – Lebensweisheit – Lebenskunst am ZfL.