Vortrag
08.07.2021 · 16.00 Uhr

Maud Meyzaud: Anna Seghers und die Haitianische Revolution. Transatlantische Verflechtungen von jüdischer Erfahrung, Sozialismus und Négritude

Ort: online via WebEx
Digitaler Vortrag im Rahmen des QDFCT – The Research Network in Queer Studies, Decolonial Feminisms, and Cultural Transformations an der Justus-Liebig-Universität Gießen
 
Als Anna Seghers 1941 als europäischer Flüchtling in die Karibik reist, entdeckt die als Jüdin und Kommunistin doppelt Verfolgte eine ganz andere Gewaltgeschichte als ihre eigene Verfolgung und Entrechtung durch den Nationalsozialismus. Das karibische Meer eröffnet ihr die globale Dimension von Kolonialherrschaft und transatlantischem Handel, zugleich eröffnet es ihr aber auch den radikalen Universalismus der Haitianischen Revolution. Seghers’ karibischen Erzählungen wurde immer wieder ihr Eurozentrismus vorgeworfen. Der Vortrag versteht hingegen diese Texte der späten 1940er und frühen 1950er Jahre, allen voran Die Hochzeit von Haiti, primär als eine erste, zunächst folgenlose dekoloniale Literatur in Deutschland. Und zwar deshalb, weil Seghers’ Literatur, wie zu zeigen sein wird, in dasselbe Projekt einer Verflechtungsgeschichte von schwarzer Diaspora und jüdischer Diaspora, kolonialer Sklaverei und nationalsozialistischer Vernichtungspolitik gehört, das in derselben Zeit etwa von Aimé Césaire und der Négritude-Bewegung verfolgt wurde.
 
Moderation: Dr. Jeanette Ehrmann (Institut für Politikwissenschaft, Justus-Liebig-Universität Gießen)
 
Kommentar: Jeannette Oholi (GCSC/Graduate Centre for the Study of Culture, Justus-Liebig-Universität Gießen)
 
Die Literaturwissenschaftlerin Maud Meyzaud ist wissenschaftliche Mitarbeiterin mit dem Projekt Al-Andalus und die Anfänge des Orientalismus: »Ḥayy ibn Yaqẓāns« Reise durch die europäische Aufklärungszeit.