Mit Koselleck über Koselleck hinaus. Perspektiven zu einer Begriffsgeschichte des 20. Jahrhunderts
Gefördert durch den Leibniz-Forschungsverbund Wert der Vergangenheit.
Den 100. Geburtstag des Begriffshistorikers Reinhart Koselleck wollen wir zum Anlass nehmen, um die Aktualität und Grenzen des in den Geschichtlichen Grundbegriffen verfolgten Ansatzes einer sozialhistorischen Begriffsgeschichte zu bestimmen und die Konturen und Perspektiven einer ›postkoselleckianischen‹ Begriffsgeschichte auszuloten. Die Historisierung von Kosellecks methodischen Kategorien und Denkfiguren soll verbunden werden mit Fragen wie der nach der Reichweite der klassischen Grundbegriffe, nach den semantischen Umbrüchen und Zäsuren im 20. Jahrhundert, nach neuen Grundbegriffen und Begriffstypen sowie nach neuen heuristischen Leitkategorien, die zu deren Analyse dienlich sein können. Mit Blick auf Kosellecks Ansatz zu einer Theorie historischer Zeiten werden die temporalen Dimensionen neuerer Leitbegriffe untersucht. Es wird dabei angeschlossen an jüngere Beiträge, die für eine entschiedene Öffnung und Weiterung der Begriffsgeschichte hin zu einer historischen Semantik plädieren. Fragestellungen, die hier verfolgt werden, sind etwa die nach dem Einbezug ikonischer Semantiken, der neuen Medien oder der Geschichte von Gefühlen, nach der Internationalisierung oder Globalisierung der Begriffsgeschichte, der Bedeutung von Transfers und Übersetzungen etc. Die methodischen Überlegungen werden anhand konkreter praktischer Erfahrungen und Materialien zu einer Begriffsgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts entwickelt.
Abb. oben: Gesamtausgabe der Geschichtlichen Grundbegriffe, hg. von Otto Brunner, Werner Conze und Reinhart Koselleck, © Mika Federley.
Programm
Donnerstag, 12.10.2023
9.00
- Falko Schmieder (ZfL): Eröffnung
9.15
Moderation: Ernst Müller (ZfL)
- Carsten Dutt (Technische Universität Darmstadt): Historisierung und Aneignung. Modalitäten der Begriffsgeschichte bei Reinhart Koselleck
- Daniel Fulda (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg): Mit Bildern über die Begriffsgeschichte hinaus?
11.30
Moderation: Stefan Scholl (Leibniz-Institut für Deutsche Sprache, Mannheim)
- Corentin Marion (Deutsches Historisches Institut Paris/Université Paris Cité/Universität Bielefeld): Koselleck Transnational. Für eine transnationale Begriffsgeschichte am Beispiel von ›Nation‹
- Lorenz Trein (Ludwig-Maximilians-Universität München): Säkularisierung und Geschichtsreligion – mit Koselleck über Koselleck hinaus
15.00
Moderation: Alexander Friedrich (ZfL)
- Lisa Regazzoni (Universität Bielefeld): Geschichtliche Erfahrung in figurativen und materiellen Überformungen: Entwurf einer materiellen Semantik
- Lena M. Friedrich (Universität Koblenz): Soziale Strukturen in Zeit und Raum? Begriffsgeschichtliche Analysen in der komparativen Sozialstrukturforschung
17.15
Moderation: Falko Schmieder (ZfL)
- Faustino Oncina Coves (Universitat de València): Kosellecks aufklärerische Motive und Impulse
Freitag, 13.10.2023
9.00
Moderation: Falko Schmieder (ZfL)
- Lucila Svampa (Deutsches Literaturarchiv Marbach/Universidad de Buenos Aires): Reinhart Koselleck und Walter Benjamin. Eine Erkundung in theoretischen Kontrapunkten
- Laura Gagliardi (Universität zu Köln): Koselleck an den Rändern: Begriffsgeschichte in Brasilien
11.15
Moderation: Barbara Picht (ZfL)
- Moritz Neuffer (ZfL): Der ›Alltag‹ der Moderne. Zur Globalisierung eines Begriffs im 20. Jahrhundert
- Patricia A. Gwozdz (Universität Potsdam): Wie viel Erfahrung verträgt ein Begriff? In den Zeit- und Begriffs(ge)schichten des Vulnerablen seit Covid-19