Roman als Enzyklopädie
Programm
Der Roman ist eine ›Großform‹ – wobei die Größe erhebliche Ausmaße annehmen kann. Das gilt für die teils mehrere tausend Seiten umfassenden Romane der frühen Neuzeit ebenso wie für die vielbändigen Zyklen, Serien und ›roman-fleuves‹ in der europäischen und amerikanischen Literatur seit dem 19. Jahrhundert. Dieser zunächst rein materielle Befund des großen Umfangs ist immer auch ein Phänomen literarischer Wissensordnung. Auf dem Workshop geht es daher um den Zusammenhang solcher maximalen Romanprojekte mit der schlechthin maximalen Ordnungskategorie des Wissens: der Enzyklopädie.
Enzyklopädie und Roman berühren sich in mancher Weise. Beide versuchen sich an einer Verschriftlichung der Realien der Welt; beide sind Ergebnisse und Zeugnisse einer gewissen literarischen Besessenheit; beide gehen aufs Ganze. Daher ist das Ansinnen, Romane ›als‹ Enzyklopädien zu lesen, kein bloß metaphorisches Unterfangen. Vielmehr nimmt es eine wesentliche formale Spezifik des Romans in den Blick – und ermöglicht Rückschlüsse auf die literaturwissenschaftliche Lesbarkeit auch solcher Enzyklopädien, die keine Romane sind.
(Stand: 23.01.2012)
9.30
Einführung
9.45
Tobias Bulang (München): Die andere Enzyklopädie. Johann Fischarts Geschichtklitterung
11.00
Andreas Kilcher (ETH Zürich): »Poetische, gewissermaßen tollgewordene Realenzyklopädien«. Enzyklopädische Aufschreibesysteme des Barockromans
12.00
Monika Schmitz-Emans (Bochum): »Von Tomus zu Tomus«. Jean Pauls Titan als Welt-Roman
14.00–15.00
Jörg Thomas Richter (ZfL): »Much book, little know«. Enzyklopädie als Lederstrumpf
15.00–16.00
Ulrike Vedder (HU Berlin): Massive Wirklichkeit und perspektivisches System. Zolas Les Rougon-Macquart
16.30–17.30
Willi Bolle (São Paulo): Eine magische Enzyklopädie Amazoniens? Der Romanzyklus von Dalcídio Jurandir
17.30–18.30
Stefan Willer (ZfL): »Beeindrucktsein von (durchaus manchmal gewaltigen) Arbeitsergebnissen«. Dietmar Daths dicke Romane