»Sie verlassen den heteronormativen Sektor«
Lesung und Gespräch mit Jayrôme C. Robinet und Christina Ernst
Als Autofiktion werden Texte verstanden, in denen das Ich zu Welt und Gesellschaft ins Verhältnis gesetzt wird, um soziale Prägungen und Machtverhältnisse sichtbar zu machen. Die Verankerung des Ichs in der Person der Autor*innen soll dabei für die Authentizität des Dargestellten bürgen – und mithin für dessen politische Brisanz. Welchen Stellenwert aber hat die Fiktion im Erzählen der eigenen Geschichte, wenn dieses den Anspruch hat, Realität darzustellen? Und ist das in den sozialen Medien inszenierte Autorsubjekt ebenso ›authentisch ausgedacht‹ wie sein textuelles Pendant, der*die Erzähler*in? In Mein Weg von einer weißen Frau zu einem jungen Mann mit Migrationshintergrund (2019) dekonstruiert Jayrôme C. Robinet anhand seiner Transitionsgeschichte vermeintlich stabile Identitätskategorien wie Geschlecht, Herkunft und Alter als ›somapolitische Fiktionen‹ im Sinne Paul Preciados. Mit der Literaturwissenschaftlerin Christina Ernst spricht der Autor und Spoken Word-Künstler u.a. über den politischen Einsatz autofiktionaler Selbstverfremdung, das Verhältnis von transclasse- und transgenre-Narrativen und die queere Stadtgeschichte Berlins als psychogeographische Reflexionsfolie für das eigene Erzählen.
Eintritt frei.
Die Veranstaltung ist Teil der Reihe Spielräume der Gegenwartsliteratur des Projekts Stadt, Land, Kiez. Nachbarschaften in der Berliner Gegenwartsliteratur am ZfL, die zwischen April und Juni mit verschiedenen Kooperationspartnern in Berlin stattfindet.