Sigrid Weigel: Selbstübersetzung. Zwischen Kleiner Literatur, Bilingualismus und Nachträglichkeit
Vortrag im Rahmen des Schwerpunkts New Alphabet School im Haus der Kulturen der Welt
Es gibt verschiedene Konzepte der Selbstübersetzung – wie Rewriting, Reenactment, Reproduktion – im Translation-Diskurs der letzten Jahrzehnte, wobei die »kulturelle Übersetzung« zur Meistertrope geworden ist. Dadurch hat sich der Akzent weg vom Exil und hin zu Migration und Bilingualismus verschoben. So sind die Übersetzungsarbeit selbst und der Blick auf mögliche sprachhegemoniale Zusammenhänge in den Hintergrund geraten, ebenso wie die Frage, ob der zu übersetzende Text in der ersten oder zweiten Sprache geschrieben wurde. Was passiert, wenn Autor*innen sich selbst übersetzen? Welche Unterschiede gibt es zwischen diskursiven und poetischen Texten? Was macht die Nachträglichkeit der Selbstübersetzung mit dem Schreiben? Weigel diskutiert das Unbehagen an der Selbstübersetzung in »kleinen Literaturen«, die emblematische Figur des „translated man“, das Echo der Übersetzung und das Gespenst des »Originals«, geht in Bezug auf Yoko Tawada ein auf die Exophonie an der Schwelle zwischen Piktogramm und Alphabet und thematisiert mit Hannah Arendt das Erinnern, Wiederholen, Durcharbeiten einer Übersetzung ohne Original.
Sigrid Weigel ist die ehemalige Direktorin des ZfL, em. Professorin der Technischen Universität Berlin und Leiterin des Projekts Ikonische Präsenz. Bilder in den Religionen.