Mittwochsvortrag
03.07.2024 · 18.00 Uhr

Sylvia Sasse (Universität Zürich): Probleme mit der Wirklichkeit. Dokumentarliteratur und Dokumentartheater vor Gericht

Ort: Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung, Eberhard-Lämmert-Saal, Eingang Meierottostr. 8, 10719 Berlin
Organisiert von Nicolas Berg (DI), Barbara Picht (ZfL)
Kontakt: Barbara Picht

Auftaktvortrag des Workshops Dokumentarische Evidenz – Zu einem besonderen Genre sprachlicher und praxeologischer Vergangenheitserkenntnis des Lab 1.1 »Sprache, Performanz und Sinnwelt« des Leibniz-Forschungsverbunds Wert der Vergangenheit

Dokumente in literarischen Texten zu zitieren oder sie für literarische Texte zu erstellen hat immer wieder zu Anklagen vor Gericht geführt: 2023 in Russland zur Anklage von Svetlana Petričuk und Evgenija (Ženja) Berkovič wegen »Rechtfertigung von Terrorismus«, 1992 in Belarus zum Gerichtsprozess gegen Swetlana Alexijewitsch wegen »Verleumdung« in ihrem Buch Zinkjungen und 1972 in der Bundesrepublik Deutschland zur Anklage von Autor und Verlag von Christian Friedrich Delius’ Dokumentarsatire Unsere Siemenswelt, ebenfalls wegen Verleumdung. Die drei Gerichtsprozesse, die alle mehr oder weniger politisch motiviert waren, führen vor Augen, wie Dokumentarliteratur juristische und literaturwissenschaftliche Kategorien vor Gericht strapaziert und zumindest in zwei Fällen zu überraschenden Urteilen geführt hat. Sylvia Sasse rekapituliert in ihrem Vortrag die Debatten vor Gericht, die nicht nur die Brisanz von Dokumentarliteratur in unterschiedlichen politischen Systemen aufzeigen, sondern auch die Grenzen und die politische Instrumentalisierung von literaturwissenschaftlicher und juristischer Analyse.

Zur Teilnahme über Zoom bitte hier registrieren.

 

Sylvia Sasse ist Professorin für Slavische Literaturwissenschaft an der Universität Zürich.

Publikationen (Auswahl):

  • Subversive Affirmation. Kritik der Kritik revisited. Zürich, Berlin: diaphanes 2024
  • Verkehrungen ins Gegenteil. Über Subversion als Machttechnik. Berlin: Matthes & Seitz 2023
  • Hg.: Kommunismus autobiographisch. Berlin: Kulturverlag Kadmos 2022 (mit Anne Krier und Tatjana Hofmann)
  • Hg.: Artists & Agents. Performancekunst und Geheimdienste. Leipzig: Spector Books 2019 (mit Kata Krasznahorkai)
  • Wortsünden. Beichten und Gestehen in der russischen Literatur. München: Fink 2009
  • Texte in Aktion. Sprech- und Sprachakte im Moskauer Konzeptualismus. München: Fink 2003