Teatro Sacro. Theatralisierung des Fronleichnams. Räume – Formen – Medien sakramentaler Ostentation
Programm
9.30
Ursula Röper (Berlin): Expressive Katechese. Überlegungen zur barocken Konstruktion des Neuzeller Heiligen Grabes
Daniel Weidner (ZfL): Monstranz und Ostentation. Zur Theatralität Sakramentaler Repräsentation
12.00
Alex Stock (Köln): Dörfliches Fronleichnam um 1950. Erinnerung und Reflexion
14.30
Anreas Kraß (Berlin):
Quod non vides. Zur Theatralität der Fronleichnamssequenz Lauda Sion salvatorem und ihrer Bearbeitung durch den Mönch von Salzburg (14. Jh.)
Hans Jürgen Scheuer (HU Berlin): Non est imaginandum de ostensione Dei sicut de aliis obiectis. Zeigen und Bezeugen in der Tradition der deutschsprachigen Fronleichnamsspiele
17.00
Joseph Imorde (Siegen): Sinnlicher Ort und übersinnliche Ordnung. Zur Theatralität der Realpräsenz
Franz Eybl (Wien): Training der Leichtgläubigkeit. Ideale Performanzen beim Erleben des Teatro Sacro
Im brandenburgischen Kloster Neuzelle findet sich eines der größten und am besten erhaltenen Heiligen Gräber: Über zweihundert Figuren- und Kulissenteile, die die zu verschiedenen Szenen der Passion zusammengesetzt werden können. Um 1750 in Auftrag gegeben und trotz Säkularisation mit Unterbrechungen bis ca. 1863 in Gebrauch, präsentiert es sich in überwiegend protestantischer Umwelt als anachronistisches Schaustück der katholischen Diaspora. Dieses gleichermaßen komplexe wie exzeptionelle Artefakt nutzt der Workshop, um die Inszenierung sakraler Schau im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit zu diskutieren. Zu fragen ist etwas wie sich in der Darstellung Heiliger Gräber jeweils das Wechselspiel verschiedener Medien (Schrift, Bild, Ritual) ausprägt bzw. wie dabei das für die quasi-theatrale Darstellung zentrale Wechselspiel von Präsenz und Repräsentation zur Wirkung kommt. Die Inszenierung des Heiligen Grabes soll dabei auch auf ältere Formen, Topoi und Verfahren etwa des geistlichen Spiels bezogen werden. Zu fragen ist schließlich, ob das theatro sacro als solches charakteristisch oder symptomatisch für den Medienumbruch der Frühen Neuzeit betrachtet werden kann und wie sich seine Formen über das Ritual hinaus in die europäische Tradition des Theaters einschreiben. Denn die Theatralisierung des corpus verum hat sich seit der Forcierung der Hostienfrömmigkeit im 12. Jahrhundert über eine lange Dauer hinweg zu einem der mächtigsten Dispositive der Theater- und Mediengeschichte entwickelt.
Lektüreempfehlungen:
- Trajekte 26 (2013), Heilige Berge
- Stefanie Ertz/Heike Schlie/Daniel Weidner: Sakramentale Repräsentation. Substanz, Zeichen und Präsenz in der Frühen Neuzeit, München 2012
Veranstaltung zum ZfL-Semesterthema: Religion und Repräsentation im Sommersemester 2013
Abb.: Jesus wird vor Herodes gebracht und verspottet, Figuren am Heiligen Grab von Neuzelle, © Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege