Synergietalks 06: Synergie – eine Elementaridee an der Nahtstelle von Religion und Medizin
Program
Das interdisziplinäre Forum SynergieWissen veranstaltet einen regelmäßigen Gesprächskreis, der allen Interessierten die Möglichkeit bietet, sich über Konzepte und Projekte des Zusammenwirkens in Wissenschaft, Technik, Religion und Kunst auszutauschen.
Die Anhänger des »Synergismus« sind als Häretiker in die Geschichte der protestantischen Dogmatik der frühen Neuzeit eingegangen. Anders als Luther waren sie von der Freiheit und aktiven Mitwirkung des Menschen im Heilsprozess überzeugt. Während Luther den Sündenfall mit dem Tod des Menschen gleichsetzte, stützten sich die Synergisten auf die Metaphern der Krankheit und der Verwundung; der Mensch konnte demnach geheilt werden. Analog können in der weltlichen Heilpraxis »synergetische« Aushandlungen gefunden werden, etwa der paritätische Kompromiss, wonach die Heilwirkung der Medikamente auf eine Kooperation zwischen ärztlicher Kunst und Heiligem Geist, körperlicher Stärkung und der Reinigung der Seele zurückzuführen sei. Dieser bahnte den Weg für eine säkulare Arzneimittellehre und führte zum Vitalismus Georg Ernst Stahls (1659–1734), der den Arzt zum »Mitarbeiter der Natur« erhob.
Aus dieser historischen Perspektive diskutiert der Medizin- und Wissenschaftshistoriker Igor Polianski das Synergie-Konzept als Elementaridee (A. Lovejoy) zwischen Religion, Medizin und Ethik und fragt, ob und wie diese Denkfigur in der heutigen Medizin nachlebt.
Diskussionsgrundlage