Goethe um 1900
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts avanciert Goethe zunehmend zum wichtigsten Autor der deutschen Literatur. Er wird zum privilegierten Gegenstand kultureller Identifikation, gewinnt eine paradigmatische Funktion für die sich formierenden Geisteswissenschaften und wird als Gründungsfigur oder Beglaubigungsinstanz ganzer Disziplinen vereinnahmt. An Goethe lassen sich morphologische Methoden anknüpfen; auf Goethe werden die zentralen Konzepte des ›Lebens‹, der ›Form‹ und des ›Organischen‹ zurückgeführt; die Leben und Werk vereinende ›Gestalt‹ Goethes wird zum zentralen Topos der Geistesgeschichte. Der Band untersucht die diskurspolitische und epistemologische Bedeutung Goethes im Werk so prominenter Figuren wie Dilthey, Simmel, Spengler, Gundolf, Kommerell, Lukács und Thomas Mann.
Volltexte auf dem Publikationsserver CompaRe:
- Einleitung
Claude Haas - Vorbild, Beispiel und Ideal. Zur Bedeutung Goethes für Wilhelm Diltheys Philosophie des Lebens
Johannes Steizinger - Cassirer und Goethe. Zur Methodik der Cassirer’schen Betrachtung der Kultur
Dorothee Gelhard - »Goethe«, ohne weiteren Zusatz. Das Dämonische im Geschichtsdenken von Friedrich Gundolf und Oswald Spengler
Harun Maye - »Überwert«, »individuelles Gesetz« und »Mehr-Leben«. Georg Simmels Goethe zwischen kulturwissenschaftlicher und lebensphilosophischer Begriffsbildung
Daniel Weidner - Pädagogische Provinz. Goethe, Fichte und die Landerziehungsheime
Jürgen Oelkers - »Lebensvollendung«. Von den Goethe-Lektüren des frühen 20. Jahrhunderts zur Entstehung der Gerontologie
Alexander Schwieren - »Er – pathologisch?« Goethe-Pathographien um 1900
Stefan Willer - Der junge Lukács und Goethe
Ulisse Dogà - »Erholung und Ermunterung«. Goethes Harmlosigkeit seit 1900
Claude Haas - Gegenwärtig entrückt. Kommerell über ›die Jugend‹ und Goethe
Eva Geulen - »In der genauen Mitte zwischen Haben und Nicht-Haben« – ›Goethe‹ als Theorietext des deutschen Judentums
Nicolas Berg - Goethe im Kontrapunkt. Autorschaftskonzepte bei Thomas Mann
Alexander Honold