Hermann Borchardt und der Club der Harmlosen. Wiederentdeckung eines Romans
1944 beendete der Schriftsteller Hermann Borchardt (1888–1951) im New Yorker Exil die Geschichte einer Edelfrau. Obwohl sein erster Roman Die Verschwörung der Zimmerleute ein Jahr zuvor in englischer Übersetzung in den USA erschienen war, hatte er mit der Geschichte einer Edelfrau kein Glück. Kein Verlag fand sich bereit, den für seine Zeit erstaunlich anzüglichen Roman über den politisch-moralischen Zerfall Deutschlands nach Bismarcks Entlassung, in dem die dunklen Liebesaffären des deutschen Adels mit den Verschwörungen des »Clubs der Harmlosen« verstrickt werden, zu veröffentlichen. So landete er schließlich ungedruckt in Borchardts Nachlass, der von der Rubenstein Rare Book & Manuscript Library der Duke University aufbewahrt wird, wo ihn Christoph Hesse und Lukas Laier 2018 entdeckten.
80 Jahre nach ihrer Vollendung ist die Geschichte einer Edelfrau nun endlich erschienen, im dritten Band der Borchardt-Werkausgabe. Im Gespräch mit Clara Fischer, Redakteurin der Zeitschrift für deutsche Philologie, berichten Christoph Hesse und Lukas Laier von ihrem überraschenden Fund und der verworrenen Entstehungsgeschichte des Romans, in der auch die abenteuerliche Flucht des einstigen Brecht-Mitarbeiters Borchardt aus Europa eine Rolle spielt. Die Schauspielerin Anja Kunzmann liest aus dem Roman und den autobiografischen Fragmenten.
Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung nicht nötig.
Abb. oben: Hermann Borchardt, © Bertolt-Brecht-Archiv