Intellektuelle Biographie der Schriftstellerin und Philosophin Susan Taubes (1928–1969). Eine Untersuchung zur paradigmatischen Bedeutung einer Erfahrungsgeschichte im 20. Jahrhundert
Ziel des Projekts war die Erarbeitung einer intellektuellen Biographie der Schriftstellerin und Philosophin Susan Taubes (1928–1969). Diese Monographie macht die paradigmatische Bedeutung einer Erfahrungsgeschichte im 20. Jahrhundert sichtbar, in der mehrfaches Exil und Heimatlosigkeit unauflöslich miteinander verknüpft sind: als emigrierte Jüdin zwischen Europa, Israel und den USA, als weibliche Intellektuelle zwischen Kunst und Wissenschaft. Dafür bilden Taubes’ Hinterlassenschaften die alleinige Grundlage: Briefe, Tagebücher und Manuskripte dokumentieren ein außergewöhnliches intellektuelles Netz von Begegnungen (z. B. S. Sontag, A. Camus, E. Lévinas) und ein Leben und Schreiben, das von politischer Gewalt und andauerndem Transit geprägt ist. Deren systematische Darstellung führte bislang überwiegend getrennt geführte Forschungsdebatten zusammen, so die Frage nach Figuren des ›Escape to Life‹ (Goebel/Weigel) oder einer ›Literatur ohne festen Wohnsitz‹ (Ette).
Die bisherigen Arbeiten zu Taubes’ Schriften zeigen deren bemerkenswerte Aktualität, etwa hinsichtlich der Rolle von Religion in der Moderne oder der Infragestellung von Identitäts- und Biographiekonzepten. Letzteres inspirierte das Konzept der intellektuellen Biographie über die Autorin: Statt einen kohärenten Lebenslauf zu rekonstruieren, soll gezeigt werden, wie vielfältig und gravierend die Erfahrungen von Fremdheit und Verlust in Taubes’ literarisches und philosophisches Schreiben eingehen. Herausgearbeitet werden die komplexen intertextuellen und dialogischen Beziehungen zwischen Taubes' Texten und Begegnungen sowie zwischen historischen Diskursen und subjektiven Erfahrungen. Dreh- und Angelpunkt des Buchprojekts ist das topographische Netz, das aus Taubes’ verschiedenen Aufenthalten entsteht: Budapest, New York, Jerusalem, Paris. In welchen Beziehungen stehen diese Orte zu Taubes’ intellektueller und künstlerischer Arbeit? In welcher Weise sind Taubes’ Bewegungen zwischen Geographien und Sprachen, zwischen Kunst und Philosophie konstitutiv für ihr Leben und Schreiben? Die verschiedenen Aufenthaltsorte werden dabei als historische, symbolische und imaginäre Schauplätze für Taubes’ Erfahrungen betrachtet, die den Horizont ihrer intellektuellen Arbeit bilden. Dazu gehören die Suche nach Zugehörigkeit in der Auseinandersetzung mit dem Judentum oder die literarischen und philosophischen Reflexionen problematisch gewordener Identitätskonzepte in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und der Shoah.
Abb. oben: Susan Taubes (1928–1969)
Siehe auch:
ZfL-Projekt Susan Taubes-Edition (2008–2014), mehrbändige Edition der Schriften von Susan Taubes (hg. von Sigrid Weigel) mit größtenteils bislang unveröffentlichtem Material aus Taubes’ Nachlass
Christina Pareigis über Susan Taubes in der Zeitschrift Trajekte:
»›Creation is always violent‹. Susan Taubes an Jacob Taubes, Zürich, 4. April 1952«, in: Trajekte 15 (Oktober 2007), 6–15 |
»Susan Taubes – Bilder aus dem Archiv«, in: Trajekte 20 (April 2010), 22–29 Essay mit Bildern aus dem Susan Taubes-Archiv des ZfL |
Die Hefte können gegen Einsendung eines frankierten Rückumschlags im ZfL bestellt werden.
Publikationen
Susan Taubes
Eine intellektuelle Biographie
Christina Pareigis
- Vom Eigenleben der Hinterlassenschaften. Zur Verzeichnung des intellektuellen Lebens und Schreibens von Susan Taubes, in: Daniel Weidner, Falko Schmieder (Hg.): Ränder des Archivs. Kulturwissenschaftliche Perspektiven auf das Entstehen und Vergehen von Archiven. Berlin: Kulturverlag Kadmos 2016, 161–176
- Außerhalb von Chronos' Familienalbum. Die Zeugnisse der Schriftstellerin und Philosophin Susan Taubes, in: Esther Kilchmann (Hg.): arteFrakte. Holocaust und Zweiter Weltkrieg in experimentellen Darstellungsformen in Kunst und Literatur. Wien/Köln/Weimar: Böhlau Verlag 2016, 183–194
- Hinterlassenschaften/Remnants, in: Schlüsselbegriffe der Kulturwissenschaft/Key Concepts of Cultural Science. Trajekte. Zeitschrift des Zentrums für Literatur- und Kulturforschung Berlin 30 (2015), 40–51
Veranstaltungen
Christina Pareigis, Sigrid Weigel: Überall im Exil: Susan Taubes
silent green Kulturquartier, Gerichtstraße 35, 13347 Berlin
Susan Taubes: Der letzte Tanz und andere Erzählungen
Literaturhaus Berlin, Fasanenstr. 23, 10719 Berlin, Kaminzimmer
Ins Deutsche übersetzt von … Werner Richter
Literaturhaus Wien, Seidengasse 13, 1070 Wien (Österreich)
Christina Pareigis: pas sa sosie. Susan Taubes und Susan Sontag: Spuren einer intellektuellen Freundschaft
ICI Kulturlabor Berlin, Christinenstr. 18/19, 10119 Berlin, Haus 8
Medienecho
Radiorezension von Hans-Peter Kunisch, in: WDR 3 Buchkritik, 23.3.2021
Ringen um die Notwendigkeit des eigenen Daseins: Die erste Biografie der Schriftstellerin und Philosophin Susan Taubes. Rezension von Johanna-Charlotte Horst, in: Süddeutsche Zeitung, 4.3.2021
Susan Taubes war viel mehr als die Frau von Jacob Taubes. Jetzt erscheint die erste Biografie über die Religionsphilosophin und Schriftstellerin, die ein Kultbuch über Scheidung schrieb. Rezension von Charlotte Szász, in: Die Welt (27.2.2021), 27
Rezension von Silvy Pommerenke, in: Aviva. Online Magazin für Frauen, 15.2.2021
Christina Pareigis legt eine vorbildliche, überaus informative Biografie über Susan Taubes vor.
Rezension von Thomas Ballhausen, in: Buchkultur 94.1 (2021), 68
Rezension von Thomas Meyer, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 5 (7.2.2021), 34
Rezension von Magnus Klaue, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung 24 (29.1.2021)
Radiorezension von Carsten Hueck, in: Deutschlandfunk Kultur, Sendung Lesart, 21.1.2021
Rezension von Hans-Peter Kunisch, in: Philosophie Magazin 56.2 (2021) (kostenpflichtig)