Symposion
31.05.2007 – 03.06.2007 · 02.00 Uhr

»Allein die Träume sind vollkommen wirklich« (Baudelaire) Alexander von Zemlinsky und die Moderne

Ort: Deutsche Oper Berlin, Bismarckstraße 35, 10627 Berlin-Charlottenburg

Programm

Interdisziplinäres Symposion der Deutschen Oper Berlin in Zusammenarbeit mit dem Alexander-Zemlinsky-Fonds bei der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, The Opera Quarterly und dem Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin

Schon lange ist das Werk von Alexander von Zemlinsky kein Geheimtipp mehr. Mit Berlin verbinden ihn die Jahre von 1927–1933, in denen er als Kapellmeister an der Kroll-Oper, dann an der Berliner Musikhochschule tätig war. Gefördert von Brahms und Mahler und gleichzeitig Lehrer von Arnold Schönberg, steht er an der Schwelle zur Moderne und stellt Fragen nach dem Verhältnis von Traum und Wirklichkeit und den Möglichkeiten und Grenzen divergierender Lebensentwürfe.

Begleitend zur Aufführung seiner Oper Der Traumgörge an der Deutschen Oper Berlin (Musikalische Leitung: Jacques Lacombe, Regie: Joachim Schlömer) setzen sich Musik- und Kulturwissenschaftler, Dirigenten und Philosophen drei Tage lang aus ihren unterschiedlichen Perspektiven mit dem Traumgörgen auseinander. Das Symposion richtet sich gleichermaßen an Fachleute und ein interessiertes Publikum.

 

Donnerstag, 31. 5.2007

15:00 Uhr: Begrüßung durch Kirsten Harms (Intendantin der Deutschen Oper Berlin) und Peter Dannenberg (Alexander-Zemlinsky-Fonds bei der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien)

15:10 Uhr
David J. Levin (Germanic Studies, Cinema u. Media Studies, Theater u. Performance Studies, University of Chicago, Herausgeber Opera Quarterly, z. Z. Gastwissenschaftler am Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin)
"»Träumen und Spielen«? Funktionen der Fantasie in Zemlinskys TRAUMGÖRGE"

Zemlinskys Oper ist von einer emphatischen, geradezu programmatischen Naivität durchdrungen, jedoch bietet sie dem Zuhörer, dem Mitträumenden, eine ebenso emphatische Darstellung der Risiken und letztendlich der Unhaltbarkeit eben gerade dieser Naivität. Hier wird eine Spiel- und Zauberwelt entworfen, die traumhaft und alptraumhaft ist, reizvoll und schrecklich zugleich. Der Beitrag untersucht die Zwiespältigkeit der Fantasie in Zemlinskys Werk und die expressiven und dramaturgischen Implikationen für das Werk.
Ort: Foyer

16:00 Uhr
Sigrid Weigel (Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin)
"Die Oper, ein Traum. Das Nachleben des Pathos in der Moderne"

Das dialektische Märchen des Traumgörgen, Allegorie von der Ausstoßung, Anerkennung und Integration des Anderen in die tätige Welt, entwirft ein Traumbild der Moderne. Im musikalischen Raum, den Zemlinsky dafür entfaltet, wird die musica anima auf die Höhe und an die Grenze einer harmonischen Opernsprache geführt – vor die Schwelle zu einer anderen, neuen Musik. Die Oper als Sprache des Pathos im Augenblick ihres Verschwindens wird zum Traum der Moderne: sie zeigt uns ihren Wunsch in Form der Erfüllung.
Ort: Foyer

17:00 Uhr
»Ich bin friedlos …«. Alexander von Zemlinsky
Dokumentarfilm von Peter Dannenberg, NDR 1986 mit Einführung durch den Autor (Dauer: 75 Minuten)
Ort: Rang-Foyer Rechts

18:45 Uhr
DER TRAUMGÖRGE. Einführung in die Vorstellung
Bettina Auer (Dramaturgin)
Ort: Rang-Foyer Rechts

19:30 Uhr: Beginn der Vorstellung DER TRAUMGÖRGE

Freitag, 1.6.2007

14:00 Uhr
Traum und politisches Handeln. Ein modernes Märchen aus dem Geist der Romantik – Statement und Gespräch –
Gabriele Brandstetter (Institut für Theaterwissenschaft, Freie Universität Berlin), Joachim Schloemer (Regisseur)
Ort: Foyer


15:00 Uhr
Konzert-Lecture von Michel van der Aa (in englischer Sprache)

Die Themen Traum und Identität, Sehnsucht und Lebenskampf stehen im Mittelpunkt der Werke des 37-jährigen niederländischen Komponisten, die bei vielen Musikliebhabern als Gesamtkunstwerk des Popzeitalters, als Oper für das 21. Jahrhundert gelten. Die Aufführung seiner Werke Wake und Passage sowie Hörbeispiele und Video-Ausschnitte aus seinen Opern ONE und AFTER LIFE ergänzen seinen Vortrag.
Michel van der Aa (Komponist, Amsterdam), Benjamin Kobler (Klavier), musikFabrik: Dirk Rothbrust, Thomas Meixner (Schlagzeug)
Ort: Foyer

17:30 Uhr
Antony Beaumont (Dirigent und Zemlinsky-Biograf, Bremen)
"Görge: Wo er herkommt – Wo er hingeht. Aspekte der TRAUMGÖRGE-Partitur"

Der Dirigent und Zemlinsky-Biograf Antony Beaumont forscht in seinem Vortrag nach den Ursprüngen der musikalischen Themen des TRAUMGÖRGE und verfolgt deren Weiterentwicklung in Zemlinskys letzter Oper DER KÖNIG KANDAULES.
Ort: Tischlerei

19:00 – 20:00 Uhr: Pause

20:00 Uhr
Horst Weber (Musikwissenschaft, Folkwang-Hochschule, Essen)
"Die Figur des Doppelgängers in Zemlinskys Opern"

Die Gefährdung des Individuums ist Zemlinskys ›Generalthema‹, es wird beleuchtet aus der Perspektive des literarischen Topos »Der Doppelgänger«. Der ›Held‹ nimmt zwei Identitäten an, indem er sich entweder verkleidet, sich in eine andere Welt träumt oder sich selbst als jemanden anderen erkennt, als er bisher zu sein glaubte. Durch das Prinzip der Verwandlung sind Handlung und Musik integriert.
Ort: Tischlerei

Samstag, 2.6.2007

15:00 Uhr
Peter Gülke (Dirigent, Musikschriftsteller, Berlin)
Symphonische Dichtung als imaginäre Oper: Die Seejungfrau

Die Vertonung von Andersens Märchen erscheint auch als programmunabhängige Musik plausibel, andererseits in so enger Tuchfühlung mit dem Handlungsgang komponiert, dass es nahe liegt, sie als mithilfe »absoluter« Maßgaben verhinderte Oper zu deuten. Als äußere Begründung käme in Betracht, dass der Stoff schon mehrmals veropert worden war (UNDINE, RUSALKA etc.), als innere, persönliche, beklemmende Identifikationsmöglichkeiten – wenige Tage, nachdem Zemlinsky mit der Komposition begonnen hatte, heirateten Gustav Mahler und Alma Schindler.
Ort: Foyer

16:30 Uhr
Richard Klein (Herausgeber Musik & Ästhetik, Musikwissenschaftler, freier Dramaturg, wiss. Beirat der Staatsoper Stuttgart beim »Stuttgarter Ring«)
"Die Modernität des Zurückgebliebenen. Marginalien zu Alexander Zemlinskys Musiktheater"
Ort: Foyer

18:00 Uhr
Die Sinne und die Oper. Zum Verhältnis von Bild, Musik und Sprache
Podiumsdiskussion mit Peter Gülke (Dirigent und Musikschriftsteller), Joachim Schloemer (Regisseur), Katharina Hacker (Schriftstellerin) und Jacques Lacombe (Dirigent), Moderation Corina Caduff (Institut Cultural Studies in Art, Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich)
Ort: Tischlerei

19:30 – 21:00 Uhr: Pause

21:00 Uhr
Michael Schredl (Schlaflabor, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim)
"Nur geträumt!? - Wissenschaftliches zum Thema Traum"

Die Trauminhalte werden zum Großteil von dem bestimmt, was wir tagsüber erleben und denken. Im Vortrag soll anhand von Beispielen aufgezeigt werden, wie sich die Traumforschung diesem Thema nähert. Auch die Auswirkung von Träumen auf die Wachkreativität wird angesprochen.
Ort: Tischlerei

Sonntag, 3.6.2007

11:00 Uhr
Hermann Danuser (Musikwissenschaftliches Seminar, Humboldt-Universität zu Berlin )
"Das Erotisch-Imaginäre in Zemlinskys Lyrischer Sinfonie"
Ort: Foyer

12:30 – 14:00 Uhr: Pause

14:00 Uhr
Thomas Macho (Kulturwissenschaftliches Seminar, Humboldt-Universität zu Berlin)
"Zur Lage der Religion in der Moderne am Beispiel von Zemlinskys TRAUMGÖRGE"
Ort: Tischlerei


15:30 Uhr
Michael P. Steinberg (Cogut Center for the Humanities, Brown University)
"Die Politik des Träumens"
Ort: Tischlerei

17:00 Uhr
Ryan Minor (Music History and Theory, SUNY Stony Brook)
Zemlinsky and the Collective. (in englischer Sprache)

Who or what constitutes a community in Zemlinsky’s oeuvre? This lecture will examine the figure of the mob in DER TRAUMGÖRGE as a means of addressing broader issues of class, authorship, and corporate sovereignty both in and beyond the opera.
Ort: Tischlerei

18:30 – 20:00 Uhr: Pause

20:00 Uhr
Daniel Albright (Ernest Bernbaum Professor of Literature, Harvard University)
"Zemlinsky: Dreaming in Music, Dreaming beyond Music (In englischer Sprache)"

This lecture will treat the ways in which Zemlinsky's operas flirt with something on the other side of opera, towards which dance, silence, and invisibility all point.
Ort: Tischlerei

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