Anke te Heesen (HU Berlin): Frauen vor Mustern

Ort: Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung, Eberhard-Lämmert-Saal, Eingang Meierottostr. 8, 10719 Berlin

Kontakt: Dirk Naguschewski

Ausgangspunkt des Vortrags ist eine einfache ikonographische Beobachtung: Frauen vor Mustern werden gegen Ende des 19. Jahrhunderts gehäuft dargestellt, sie erscheinen in einem seriell strukturierten Milieu von verschiedenen gereihten Ornamenten. Das sie umgebende Dekor und seine Materialität – die Tapete, der Teppich und der Stoff – bilden einen eigenständigen Bildakteur, der die dargestellten Frauen und mit ihnen das jeweilige Konzept von Weiblichkeit definiert. Diese textilen oder papierenen Muster umgeben die Person und sorgen dafür, dass die Figur daraus hervorzugehen scheint oder darin hineingezogen wird, dass sie erhöht wird oder in den Bildgrund sinkt, kurz: dass der Frau ein ganz eigener Schmuck oder eine Camouflage zuteilwird. Das so herausgearbeitete Motiv schließt an Mariendarstellungen bis hin zur »Lesenden Frau« an und nimmt die Diskussionen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts um Kunstgewerbe, Interieur und Wahrnehmungsphysiologie auf.

Anke te Heesen ist Professorin für Wissenschaftsgeschichte mit einem Schwerpunkt in der Geschichte der Bildung und der Organisation des Wissens im 19. und 20. Jahrhundert an der Humboldt-Universität zu Berlin und seit 2024 gemeinsam mit Viktoria Tkaczyk Sprecherin der DFG-Kolleg-Forschungsgruppe Applied Humanities: Genealogy and Politics. Sie promovierte 1995 an der Universität Oldenburg und arbeitete anschließend als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Kuratorin am Forschungszentrum Europäische Aufklärung in Potsdam, dem Deutschen Hygiene-Museum Dresden und dem Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin. Von 2006 bis 2008 war sie Gründungsdirektorin des Museums der Universität Tübingen.

Publikationen (Auswahl):

Revolutionäre im Interview. Thomas Kuhn, Quantenphysik und Oral History. Berlin: Wagenbach 2022
Hg.: Wissenschaft im Museum – Ausstellung im Labor. Berlin: Kulturverlag Kadmos 2014 (mit Margarethe Vöhringer)
Theorien des Museums. Zur Einführung. Hamburg: Junius 2012
Der Zeitungsausschnitt. Ein Papierobjekt der Moderne. Frankfurt a.M.: Fischer Taschenbuch 2006
Hg.: Dingwelten. Das Museum als Erkenntnisort. Köln, Weimar, Wien: Böhlau 2005 (mit Petra Lutz)
Der Weltkasten. Die Geschichte einer Bildenzyklopädie aus dem 18. Jahrhundert. Göttingen: Wallstein 1997

Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung nicht nötig.