Symposium
06.12.2007 – 08.12.2007 · 16.30 Uhr

Bild- und Textordnungen im religionskulturellen Vergleich

Ort: ZfL, Schützenstr. 18, 10117 Berlin, 3. Et., Trajekte-Tagungsraum 308
ZfL-Projekt(e): Europa / Osten

Programm

Symposium des Projekts Topographie pluraler Kulturen Europas in Rücksicht auf die 'Verschiebung Europas nach Osten'
(gefördert im BMBF-Schwerpunkt 'Geisteswissenschaften im gesellschaftlichen Dialog')

Das Forschungsprojekt "Topographie pluraler Kulturen Europas in Rücksicht auf die 'Verschiebung Europas nach Osten'" hat es sich unter anderem zur Aufgabe gesetzt, Untersuchungsparameter zu entwickeln, die quer zu den Gegenständen der Einzelwissenschaften stehen, und diese versuchsweise 'Textordnungen', 'Bildordnungen', 'Kleiderordnungen', 'Affektordnungen' und 'Grundordnungen' genannt. In einer Reihe interdisziplinärer Symposien sollen unter Beteiligung von Kunst-, Literatur- und Religionswissenschaftlern sowie von Arabisten, Judaisten, Slawisten und Turkologen grundlegende Voraussetzungen für jede kulturwissenschaftliche Forschung untersucht werden, die es mit unterschiedlichen Religionen und Kulturtechniken zu tun hat.

Textordnungen
Hier geht es um Zusammenhänge zwischen Religion, Schrift/ Text und Kultur und um die Bedeutung religiöser Überlieferungen, Schrift und Sprache auch in der Säkularisierung und Modernisierung. Unter Textordnungen werden also nicht nur Fragen des Genres verstanden – etwa, dass in den Literaturen des Osmanischen Reichs der Roman unbekannt und nur als 'Import' aus dem Westen vorstellbar war. Hier geht es auch um die Bedeutung unterschiedlicher Aufschreibsysteme, um Ein- und Mehrsprachigkeit, Übergänge zwischen sowie Hierarchie vs. Parallelität verschiedener Sprachen, Schriftsysteme und Medien. Diskutiert werden Probleme von Oralität und Literarizität in ihren je verschiedenen Abstufungen und Wertungen, d.h. sowohl die Möglichkeitsbedingung von Schrift und Öffentlichkeit als auch die 'Nötigung zur Literatur'.

Bildordnungen
Die Bildkultur spielt gegenwärtig in den auf internationaler Bühne ausgetragenen Konflikten eine zentrale Rolle. Die kurze Filmpassage mit den zusammenstürzenden Twin Towers, die Photos aus den serbischen Lagern, aus Abu Graib und Guantanamo sind zu 'Ikonen' der Zeitgeschichte und zum 'Argument' in den politischen Auseinandersetzungen geworden, und dies kraft ihrer massenmedialen Verbreitung und ihrer unausgewiesenen Referenz auf das europäische Bildgedächtnis. Vor allem Film und Video sind Bestandteile globaler Pop- und Subkulturen geworden, die Bilder zwischen verschiedenen Registern, Sprachen und Kulturen zirkulieren lassen. Vor dem Horizont einer solchen globalen Bilderpolitik muß danach gefragt werden, ob und wie unterhalb dieser Oberfläche Spuren der kulturell sehr unterschiedlichen Bildtraditonen wirken. Befragt werden religionsspezifische Voraussetzungen kultureller Differenzen wie: jüdisches und islamisches Bilderverbot, der Zusammenhang von Bild, Person und Memorialkultur, Ikonen und Idole.

In verschiedenen Sektionen sollen die Themenfelder diskutiert werden wie: der Transfer von Schrift- und Bildtraditionen, Sprach-, Schrift- und Rechtschreibreformen, Idolatrie und Ikonoklasmus, politische Ikonographie und Bildprogramme im öffentlichen Raum, kulturelle Praktiken wie die Zentralperspektive, Aufschreibetechniken, Verwaltungs- und Aktenführung, Bild, Maske und Person.

 

Donnerstag, 6. Dezember

16.30 Sigrid Weigel (ZfL): Begrüßung und Einführung

I. Schrift - Bild - Kult im Religionsvergleich

17.00 Martin Treml (ZfL)
Bild, Schrift, Sakrament - Darstellen und Ordnen in den Religionen

Angelika Neuwirth (FU Berlin)
Schrift und Körper - Überlegungen zum koranischen Monotheismus

19.00 Pause

19.30 Cornelia Vismann (MPIRG Frankfurt/M.)
Byzanz und die genealogische Ordnung des Textes

Freitag, 7. Dezember

II. Gottesbilder, Bilderverbot und Bilderkult

9.30 Glenn Peers (University of Texas, Austin)
Portraits by God in Byzantium and Islam

Almir Ibric (Wien)
Das Bilderverbot des Islam im Digitalzeitalter

11.30 Pause

12.00 Alex Stock (Universität Köln)
Trinität am politischen Horizont. Zu Tizians La Gloria und Andrej Rubljews Svjataja Troica

Janis Augsburger (ZfL)
Idol und Idolatrie. Das Buch vom Götzendienst (Vortrag fällt aus!)

14.00 Pause

III. Die Bilder Europas

15.30 Elke Werner (FU Berlin)
Die Figur der Europa. Zu Funktion und Bedeutung eines Bildmotivs im Zeitalter der Konfessionalisierung

Sigrid Weigel (ZfL)
Karikaturen im Streit der Kulturen

17.30 Pause

Öffentliche Vorträge

18.00 Hans Belting (HdK Karlsruhe)
Zwei Medien der Religion: Westliche Bild- und islamische Schriftkultur

19.30 Dan Diner (Simon Dubnow Institut Leipzig)
Versiegelte Zeit

Samstag, 8. Dezember

IV. Buch, Text, Literatur

9.30 Andrea Polaschegg (HU Berlin)
Literarisches Bibelwissen zwischen Topos, Bild und Text am Beispiel Maria Magdalenas

Georg Witte (FU Berlin)
Schriftbildlichkeit in Rußland. Eine literarische Emanzipationsgeschichte

11.30 Pause

12.00 Andreas Pflitsch (ZfL)
Aladin Aladin und der Koran. Zur Frage, warum und was Araber aufschreiben

Richard van Leeuwen (University of Amsterdam)
The Thousand and One Nights and the European Tradition

14.00 Pause

15.00 Jurij Murasov (Universität Konstanz)
Sprache, Schrift und Schuld in der jugoslawischen/bosnischen Literatur. Zu Ivo Andrićs Erzählung Der verdammte Hof

Torben Philipp (HU Berlin)
Sakrale und dämonisierte Medienbilder. Konturen einer Poetik des Visuellen bei F. M. Dostoevskij

17.00 Pause

V. Medien und Öffentlichkeit

17.30 Zaal Andronikashvili (ZfL)
Denkmäler im säkularisierten Öffentlichkeitsraum (Georgien)

Elke Hartmann (FU Berlin)
Bildlichkeit, öffentliche Meinung, fotografische Propaganda

Medienecho

15.12.2007
Kulturgeschichtliche Dimension der europäischen Integration

Tagungsbericht von Miranda Jakisa, in: moe-kultur.de, Ausgabe 48/49 vom Dez/Jan 2007/2008, 20–21