Georg Toepfer: Normativität und Wertfreiheit von Wissenschaft im Anthropozän
Vortrag im Rahmen der Tagung Anthropozän – Ethik und Ästhetik am Wissenschaftszentrum Umwelt der Universität Augsburg, 1.–3.3.2024
Die ökologische Krise des Anthropozäns veranlasst manche Teile der Wissenschaft dazu, über begriffliche und ästhetische Mittel die Öffentlichkeit und Politik zu einem Handeln zu drängen. Dramatische Inszenierungen des Klimawandels stehen dafür ebenso wie die Einführung programmatisch emotionalisierender Begriffe, die wie ›Biodiversität‹ das Wissenschaftliche in den Hintergrund stellen, um Anschluss an gesellschaftliche Wertbegriffe und Raum für emotion und spirit zu schaffen (Walter G. Rosen 1992). Von mancher Seit wird diese engagierte Wissenschaft explizit gefordert, in einer »schlechten Welt« könne die Wissenschaft nicht einem Ideal der Reinheit und Wertfreiheit folgen (Geoffroy de Lagasnerie 2017). Von anderer Seite wird dagegen kritisiert, die Wissenschaft dürfe nicht gesellschaftlich-politische Entscheidungen vorwegnehmen, sondern allein Bedingungsverhältnisse aufzeigen (Nicolae Morar et al. 2015). Der Beitrag rekonstruiert diese Positionen vor dem Hintergrund der drei Werturteilsstreite des 20. Jahrhunderts.
Der Philosoph Georg Toepfer ist Ko-Leiter des Programmbereichs Lebenswissen und leitet die Projekte Diversität. Begriffe, Paradigmen, Geschichte und Aitiologien in den Wirklichkeitserzählungen der Naturwissenschaften: Zur epistemischen Funktion von Ursprungs(re)konstruktionen.