Workshop
31.01.2013 – 01.02.2013

Gesichtsauflösungen

Ort: ZfL, Schützenstr. 18, 10117 Berlin, 3. Et., Seminarraum 303
Organisiert von Mona Körte, Judith Elisabeth Weiss
ZfL-Projekt(e): Gesicht als Artefakt

Programm

Donnerstag, 31.01.2013

14.00
Mona Körte, Judith Elisabeth Weiss (ZfL): Begrüßung und Einführung

14.30–16.00 Eingriff
Moderation: Margarete Vöhringer (ZfL)

Andreas Käuser (Siegen): Maskierung. Über die Auflösung des Gesichts in Texten und Medien

Bodo Hoffmeister (Charité Berlin): »Gesichtsauflösungen« in der Medizin. Das Alter, der Defekt und der Ersatz

16.30–18.15 (V-)Erkennung
Moderation: Uta Kornmeier (ZfL)

Andreas Lüschow (Charité Berlin): Kongenitale Prosopagnosie – ein »Fenster« zum Verständnis von Gesichtererkennung

Alexander Nouak (Darmstadt): Die Gesichtsauflösung in der Informationstechnologie. Wenn Maschinen erkennen sollen


20.00 Literarische Lesung/Abendvortrag
Hanns Zischler (Berlin): Ohne Stirn, ohne Mund, ohne Kinn…

Michael Lüthy (FU Berlin): Porträts wovon? Zum Wandel einer Kunstgattung in der Moderne


Freitag, 01.02.2013

10.45–12.30 Porträttechniken
Moderation: Sigrid Weigel (ZfL)

Evi Zemanek (Freiburg): Dekompositionen. Zur Ästhetik des poetischen Porträts

Daniel Spanke (Bern): Mandylion und Francis Bacon. Fixierung, Reihung und Variabilität von Gesicht in den Bildparadigmen Ikone und Kunstwerk


14.00–15.30 Entzug
Moderation: Judith Elisabeth Weiss (ZfL)

Kirsten Claudia Voigt (Karlsruhe): Gesichter, Gesichte und »inneres Gesichtsfeld« bei Samuel Beckett

Petra Löffler (Weimar): Ef(face)ment. Zur Auslöschung des Gesichts bei Gilles Deleuze

16.00
Moderation: Mona Körte (ZfL)

Gunnar Schmidt (Trier): Das Entgleiten des Gesichts

Doren Wohlleben (Augsburg/Erlangen-Nürnberg): Rätsel und Gesicht(e). Literarische Auflösungs- und Erlösungsverfahren – Friedrich Nietzsche, Franz Rosenzweig, Hermann Broch

Methoden der Gesichtserkennung an Flughäfen als Sicherheitsmaßnahme gegenüber möglichen Anschlägen, Passfotozwang für elektronische Gesundheitskarten, facial features als Auswahlkatalog in Samenspenderdatenbanken, Gesichtsscans anstelle von Eintrittskarten: Dies sind nur einige der vielen Praktiken, die das Gesicht als Persönlichkeitsmerkmal derzeit mit Techniken der Erfassung, Codierung und Identifizierung verbinden. In Kunst, Literatur und Philosophie wirft das Gesicht, verstanden als ein kulturelles, sprachlich und bildlich strukturiertes Phänomen, aber nicht erst durch diese Entwicklung Fragen nach seiner Medialität und Repräsentation auf. In seiner Doppelbedeutung von Erscheinungsbild und Sehvermögen ist das Gesicht auch vorher schon Objekt von Gestaltung, Beherrschung und Kontrolle.
Gegenstand des interdisziplinären Workshops sind die vielfältigen Prozesse und Erscheinungsweisen von Gesichtern in Auflösung. Zum einen kann sich der Begriff auf die Verneinung des Gegenständlichen und den Zerfall der Form beziehen, wie ihn Künste, Literatur und Medien vor allem im 20. Jahrhundert akzentuieren; zum anderen kann er das Verhältnis des individuellen Gesichts zu seiner massenhaften Erscheinung implizieren, wie es etwa in der seriellen Kunst oder in der Großstadtliteratur in Erscheinung tritt. Schließlich lässt sich der Vorgang auch im Sinne einer ›hohen Auflösung‹ als Maß für Wiedergabequalität und Detailschärfe in den optischen Apparaturen und Medien wie Fotografie und Film begreifen. Und er wirft die Frage auf, inwiefern sich die vielfältige Semantik des Wortfelds der Gesichtsauflösungen in ein Verhältnis zu kognitiven Störungen wie der Prosopagnosie (Gesichtsblindheit) und den Anforderungen der biometrischen Gesichtserkennung setzen lässt?

Veranstaltung zum ZfL-Semesterthema: An/Sichten im Wintersemester 2012/2013

 

Abbildung: Tine Steen, Aurelia 4, 2006, Öl, Acryl/Holz, 32,6x24,1 cm, ©Tine Steen, Foto: © Jens Ziehe

Publikationen

Mona Körte, Judith Elisabeth Weiss (Hg.)

Gesichtsauflösungen

Interjekte 4
2013, 107 Seiten
DOI 10.13151/IJ.2013.04