Mittwochsvortrag
15.01.2025

Mischa Suter (Geneva Graduate Institute): Geld an der Grenze: Koloniale Strukturen und kollidierende Temporalitäten

Ort: Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung, Eberhard-Lämmert-Saal, Eingang Meierottostr. 8, 10719 Berlin

Der Vortrag nimmt das Beispiel einer kolonialen Währung zum Anlass, theoretische Möglichkeiten für das Schreiben der Globalgeschichte auszuloten. Ausgehend vom social life der sogenannten deutschen Rupie im heutigen Tansania wird gefragt, wie strukturellen Interdependenzen im Zeitalter des Imperialismus analytisch beizukommen wäre. Imperialismus hing davon ab, verschiedene Wertformen mit unterschiedlichen kulturellen Ursprüngen vergleichbar, messbar, kommensurierbar zu machen: Diese Rolle kam dem Geld zu. Nun ist Geld, so John Maynard Keynes, nichts anderes als »a subtle device for linking the present to the future«: ein Medium, das gesellschaftliche Temporalitäten gestaltet. Die deutsche Rupie, so möchte ich mit einer sozialhistorischen Erkundung zeigen, stellte eine Infrastruktur deutscher Herrschaft, deren temporale Struktur aus konstitutiven Ungleichzeitigkeiten aufgebaut war: Struktur wirkte hier nicht mit oder trotz Widersprüchen, sondern durch ihre Widersprüche hindurch.

 

Mischa Suter ist Swiss National Science Foundation Eccellenza Research Professor am Graduate Institute of International and Development Studies und leitet dort ein Forschungsprojekt zur Geschichte der Ethnopsychologie. Er promovierte 2014 an der Universität Zürich und habilitierte sich 2022 in Neuerer und Neuester Geschichte an der Universität Basel. Gastaufenthalte führten ihn nach New York, Berlin, Wien, Durham, Chicago und Ann Arbor.

Publikationen (Auswahl):

  • Hg.: Traverse 2 (2025): Dépendance économique (in Vorb., mit Sabine Pitteloud, Juan Flores Zedeja und Daniel Allemann)
  • Geld an der Grenze. Souveränität und Wertmaßstäbe im Imperialismus 1871–1923. Berlin: Matthes & Seitz 2024
  • Koloniale Währungen: Medium der Macht, in: Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken 887
    (2023), 32–43
  • Rechtstrieb – Schulden und Vollstreckung im liberalen Kapitalismus 1800–1900. Konstanz: Konstanz University Press 2016
  • Hg.: Histories of Productivity: Genealogical Perspectives on the Body and Modern Economy. New York: Routledge 2016 (mit Peter-Paul Bänzinger)
  • Hg.: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 37.2 (2014): Wissensgeschichte ökonomischer Praktiken (mit Monika Dommann und Daniel Speich-Chassé)

Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung nicht nötig.