Schreibarten – Stil im 18. Jahrhundert
Teilnahme nur auf persönliche Einladung.
Im 18. Jahrhundert wurde intensiv über Fragen des Stils nachgedacht und diskutiert. Der Workshop dient dazu, an ausgewählten Texten nachzuverfolgen, wie sich in diesem Nachdenken über Schreibweisen und Schreibarten eine allgemeine Neujustierung der Stilkategorie abzeichnete. Bereits Gottsched begann, die traditionelle Dreistillehre zu einem Spektrum von Schreibarten zu flexibilisieren. Diese Diversifizierung des Stils wurde in den 1750er und 1760er Jahren mit zunehmender Vehemenz verfolgt. Der rhetorische modus dicendi stieg zu einer poetologischen Größe auf, die versprach, aktuelle nebulöse Kategorien wie Individualität und Nationalität in konkreten Texten identifizieren und reflektieren zu können. Gegen die alte Vorstellung, dass der Stil die Gedanken lediglich einkleide (exornatio), setzte sich in den mittleren Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts eine Auffassung von Stil als Verkörperung (incarnatio), Abdruck und Ausdruck individueller Gedanken und Gefühle durch.
In dem Maße, wie das Konzept des Stils auf dem Weg zu einer Originalitäts- und Genieästhetik pluralisiert, historisiert und individualisiert wurde, empfahl es sich zugleich als sprachlicher Index für die neuen Kollektivsingulare, die sich auf dem Feld der gesellschaftstheoretischen Diskurse herausbildeten. Am Schnittpunkt von ästhetischen und politischen Projekten begab man sich auf die Suche nach Schreibarten, die das Volk erreichen könnten und in denen die Charaktere von Nationen zum Vorschein kämen.
An einzelnen Wortmeldungen aus diesen Diskursen wollen wir untersuchen: Wie wurde der Blick vom Was auf das Wie des Schreibens verschoben? Welche Signifikanzen besaßen diese Modalisierungen für die Umstellungen, die das Literatursystem um 1750 in Bewegung brachten, um es von der Regelpoetik der Frühen Neuzeit in eine moderne literarische Ordnung zu überführen? Wie griffen literarische, politische und soziale Projekte dabei ineinander?