Schulen, Gruppen, Stile. Denken, kollektiv betrachtet
Gemeinsamer Workshop des Leibniz-Instituts für Jüdische Geschichte und Kultur – Simon Dubnow Leipzig (DI) und des Leibniz-Zentrums für Literatur- und Kulturforschung (ZfL)
»Genau in der Mitte« zwischen den Ideen und Theorien der Menschen und ihren gesellschaftlichen Erfahrungen situiere sich die Wissenssoziologie, so der heute kaum noch bekannte Soziologe und Simmel-Übersetzer Kurt H. Wolff. Wie vor ihm sein Lehrer Karl Mannheim und vor allem Ludwik Fleck (der den Begriff »Denkstil« von Karl Mannheim aufnahm und weiterentwickelte) war es auch Wolff um jenen Erkenntnisbereich zu tun, in dem das Singuläre jeder menschlichen Erfahrung sich mit den kollektiven Formen des Denkens und der Gestalt des Ausdrucks berührt. Der Gedanke des Kollektiven im Bereich der Erkenntnis hat dabei nicht nur wissenschaftshistorische Relevanz, sondern stellt immer auch eine intellektuelle Zumutung dar, über die zu reflektieren ist. Denn das Spektakuläre etwa an Flecks Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache (1935) ist ja nicht die intuitiv einleuchtende Feststellung, dass die Ergebnisse von Wissenschaft und Kunst auf kollektiven Entwicklungsprozessen basieren, sondern die theoretische Überzeugung des Autors, dass Denken selbst und Erkenntnis an sich »die am stärksten sozialbedingte Tätigkeit des Menschen« darstellen.
Programm
10.00–12.30
- Nicolas Berg (DI), Daniel Weidner (ZfL/HU Berlin): Denkstil, Denkkollektiv und Verwandtes zur Einführung. Implikationen und Möglichkeiten
- Magnus Klaue (DI): Das Ende der Nuancen. Von der Kritischen Theorie zur Frankfurter Schule
- Pola Groß (ZfL): (Denk)Stil und Sprache bei Ludwik Fleck
14.00–16.00
- Philip Emanuel Bockelmann (DI): »Der Heidelberger Geist«. Walter Jellinek und das Rechtsdenken in der frühen Bundesrepublik
- Falko Schmieder (ZfL): Denkstil und Denkkollektiv bei Ludwik Fleck und Thomas Kuhn
16.30
- Claude Haas (ZfL): Denkverbote, kollektiv betrachtet. Erkenntnis und Gemeinschaft in der Wissenschaft des George-Kreises
- Annette Wolf (DI): Begriff und Biografie. Zur Denkfigur des Außenseiters bei Hans Mayer