Kommentierte Auswahl-Edition des Briefwechsels zwischen Ernst und Gretha Jünger (1922–1960)
Gegenstand des Projekts war eine wissenschaftlich fundierte Auswahledition des Briefwechsels zwischen Ernst Jünger und seiner ersten Frau Gretha (geborene von Jeinsen). Die Korrespondenz begann 1922, gleich nach der ersten Begegnung, und endete 1960 mit Grethas Tod. Überliefert sind nach bisheriger Recherche insgesamt ca. 1.970 Schreiben: etwa zwei Drittel von Ernst Jünger und ein Drittel von Gretha Jünger.
Gretha Jünger war nicht nur Ehepartnerin von Ernst Jünger und Mutter der beiden gemeinsamen Kinder, sondern begleitete auch die Entstehung und Rezeption der Werke ihres Mannes. Darüber hinaus führte sie weitere Briefwechsel (u.a. mit Carl Schmitt, erschienen 2007) und veröffentlichte unter ihrem Geburtsnamen zwei Bücher mit Tagebuchaufzeichnungen, Briefen und autobiographischen Porträts: Die Palette (1949) und Silhouetten (1955). Die Bücher zeigen ihre intellektuelle Eigenständigkeit und ihre literarischen Fähigkeiten, die auch im Briefwechsel deutlich zum Ausdruck kommen. Gretha Jünger war also nicht nur Ansprechpartnerin ihres Ehemanns, sondern vollwertige Briefpartnerin.
Der Briefwechsel enthält zahlreiche unbekannte Details zur Biographie beider Ehepartner, zu den Schriften von Ernst Jünger und zur Zeitgeschichte. Mit Ausnahme der vorehelichen Korrespondenz wurden alle Briefe verfasst, wenn einer der Partner auf Reisen oder im Ausland war. Es handelt sich meist um handschriftliche, in vielen Fällen mehrseitige Briefe. Eine vollständige Edition hätte einen Umfang von ca. 4.000 Textseiten (ohne wissenschaftlichen Anhang). Diese ist in absehbarer Zeit nicht zu realisieren, für die Jüngerforschung aber auch nicht zwingend notwendig, da es in vielen Briefen um die Organisation des Alltags geht. Die Herausgeber haben sich deshalb in Absprache mit dem Verlag Klett-Cotta (Stuttgart) für eine Auswahlausgabe entschieden.
Die Edition repräsentiert den Gesamtbestand, setzt aber auch historisch-biographische Schwerpunkte. In maximaler Dichte wurden vor allem die Briefe zwischen 1939 und 1944 editiert. Jünger nahm in dieser Zeit als Wehrmachtsoffizier am Westfeldzug gegen Frankreich teil und gehörte ab 1941 zum Stab des Militärbefehlshabers in Paris. Der Quellenwert der Briefe aus dieser Zeit ist besonders groß, da es viele Unterschiede zu den von Jünger publizierten Tagebüchern gibt (Gärten und Straßen sowie Strahlungen), während Gretha Jünger über die Entwicklung des Krieges in Deutschland, vor allem am Wohnort der Familie in Kirchhorst bei Hannover, berichtet.
Der Umfang der Edition umfasst ca. 700 Seiten. Herausgeber sind Anja Keith und Detlev Schöttker. Aufgenommen wurden ca. 350 Briefe. Hinzu kommen Kommentare, Erläuterungen zu den erwähnten Personen (vor allem zum Freundeskreis), ein Verzeichnis aller bisher nachgewiesenen Briefe, eine Chronik zu Leben, Werk und Zeit, sowie ein Nachwort zur historischen, biographischen und werkgeschichtlichen Bedeutung des Briefwechsels.
Abb. oben: Signatur Ernst Jüngers unter einem Brief an Gretha von Jeinsen vom 5. Januar 1925 aus der Zeit vor der Heirat., © Klett-Cotta - J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart
Bearbeitung: Anja Keith
siehe auch
- Kommentierte Edition des Briefwechsels zwischen Ernst und Friedrich Georg Jünger (1908–1977) (Detlev Schöttker, Katja Schicht, Projekt 2023–2025)
- Korrespondenz und Nachleben. Das Briefarchiv Ernst Jüngers (Detlev Schöttker, Projekt 2015–2020)
Publikationen
Einer der Spiegel des Anderen
Briefwechsel 1922–1960
Detlev Schöttker
- Rezension zu: M. Berg u.a. (Hrsg.): Briefkultur(en) in der deutschen Geschichtswissenschaft, in: H-Soz-Kult, 11.11.2021
Veranstaltungen
Medienecho
Rezension von Marc Ortmann, in: H-Soz-Kult, 15.9.2023
Beitrag von Erhard Schütz, in: Der Freitag 7 (2023)
Kolumne von Hauke Goos, in: Spiegel, 30.10.2022
Rezension von Christophe Fricker, in: literaturkritik.de, 1.4.2022
Rezension von Katharina Teutsch, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung 299 (23.12.2021), 10
Der Briefwechsel Ernst Jüngers mit seiner ersten Frau Gretha ist ein faszinierendes Dokument der Ehehölle. Rezension von Jens Jessen, in: Die Zeit 46 (11.11.2021), Feuilleton, 61
Rezension von Wolfgang Schneider, in: Deutschlandfunk, Sendung: Büchermarkt, 8.11.2021
Am Anfang nannte sie ihn regelmäßig »Schneckolino«: Der Briefwechsel zwischen Ernst Jünger und seiner Frau Gretha erzählt eine tragische Liebesgeschichte – und mehr. Über ein hoch persönliches, sensationelles Zeitdokument. Rezension von Jörg Magenau, in: Süddeutsche Zeitung 251 (29.10.2021), Feuilleton, 9
Rezension von Jörg Magenau, in: rbb, Sendung: Der Morgen, 21.10.2021
Gretha und Ernst Jünger waren 38 Jahre lang ein Paar. In ihrem Briefwechsel ist der Schriftsteller ein ganz anderer Mann als in seinen Kriegsromanen. Vorabruck in: Welt am Sonntag 42 (17.10.2021), 47, Ressort: Kultur
Beiträge
8.11.2021 Audio
»Stahlgewitter und Mucketier«
Anja Keith und Detlev Schöttker im Gespräch mit Joachim Scholl über den Briefwechsel zwischen Gretha und Ernst Jünger im Deutschlandfunk, Sendung: Lesart.
© Deutschlandfunk