Dualla Misipo: »Der Junge aus Duala«. Literaturwissenschaftliche Perspektiven auf ein frühes Werk der Schwarzen deutschen Literatur
Dualla Misipos Der Junge aus Duala. Ein Regierungsschüler erzählt ... wird als der »erste Roman eines Schwarzen Deutschen« und als einer der frühesten postkolonialen literarischen Texte in deutscher Sprache bezeichnet. Obwohl der zwischen den 1920er und 1960er Jahren verfasste Roman vereinzelt für seine Analyse des europäischen Rassismus und der Psyche des kolonisierten Subjekts gelobt und hinsichtlich seiner raffinierten ästhetischen Strategien beachtet wurde, fristet das Buch des kamerunisch-deutsch-französischen Autors ein Schattendasein innerhalb der deutschsprachigen Literatur und Literaturwissenschaft. Eine intensivere Beschäftigung mit dem Text ist daher längst überfällig – gerade auch, wenn es darum geht, der Forderung nach Sichtbarmachung der vielfältigen und polyphonen langjährigen Schwarzen Literaturtradition in Deutschland (Otoo/Oholi 2022) von literaturwissenschaftlicher Seite nachzukommen.
Der Workshop soll einen Raum schaffen, um Misipos Der Junge aus Duala gemeinsam zu kontextualisieren und literaturwissenschaftlich zu diskutieren. Neben Themen wie der deutschen Kolonialherrschaft in Kamerun, (Post-)Kolonialismus und Migration sowie Vorurteilen und Rassismen im Deutschen Kaiserreich und in der Weimarer Republik, sind es vor allem die literarischen Strategien des Autors, die einer eingehenderen Untersuchung harren: sein Spiel mit unterschiedlichen Genres und stilistischen Registern; der komplexe, modernistisch anmutende Umgang mit Zeit und die differenzierte Darstellung von Subjektivität; die intertextuellen Bezüge sowohl zu kamerunischen und afrodiasporischen als auch zu europäischen Literaturtraditionen; sowie die provokante Umkehrung von kolonialen Dichotomien wie Zentrum/Peripherie oder Natur/Kultur.
Der Eintritt ist frei. Anmeldungen für die Teilnahme im Zoom bitte an anmeldung@zfl-berlin.org.
Abb. oben: Klassenfoto Quarta 1914, Herborn, © Geschichtsverein Herborn e.V./Museum Herborn.
Programm
Mittwoch, 13.11.2024
18.30
Auftaktveranstaltung
- Susanne Gehrmann (HU Berlin): »Grand Prix de l’Afrique noire en 1963 ... mort en 1984 en Allemagne«. Eine Archivrecherche zu Jean-Ikelle Matiba
Donnerstag, 14.11.2024
14.30
Eröffnung
- Eva Geulen (ZfL): Grußwort
- Sandra Folie, Gianna Zocco (ZfL): Einführung
15.00
Lesung und Gespräch
- Philipp Khabo Koepsell (Berlin): Lesung aus dem Jungen aus Duala
im Anschluss Gespräch mit Robbie Aitken* (Sheffield Hallam University)
16.30
- Ulfa von den Steinen (Berlin), Jürg Schneider* (Basel/Kinshasa): Über das Zustandekommen der beiden Ausgaben des Jungen aus Duala von 1973 (Kraus Reprint) und 2022 (Rüdiger Köppe Verlag)
- Sandra Folie, Gianna Zocco (ZfL): Auf der Suche nach dem Jungen aus Duala. Eine Archivrecherche
Freitag, 15.11.2024
9.00
Der Junge aus Duala im Kontext von Misipos Schaffen
Moderation: Dirk Naguschewski (ZfL)
- Andreas Schmid (FU Berlin): Ghana lag in Kamerun. Dualla Misipo, Leo Frobenius und die Neuerfindung des afrikanischen Mittelalters
- Sandra Folie, Gianna Zocco (ZfL): Dualla Misipos Beiträge in Zeitschriften und im Rundfunk (1930–1967)
10.00
Poster-Session: Postmoderne und postkoloniale Identitäten
Die Poster-Session wird nicht via Zoom übertragen!
Moderation: Jenaba Samura (ZfL)
- Burrhus Njanjo (Universität zu Köln): Identitätsfigurationen in Der Junge aus Duala und Ach, Kamerun! Unsere alte deutsche Kolonie von Kum’a Ndumbe III. Eine komparatistische Analyse
- Pascal Ongossi Assamba (Friedrich-Schiller-Universität Jena): Postmoderne und Postkolonialität im Jungen aus Duala
- Giresse Teikeu (Friedrich-Schiller-Universität Jena): Deutsches Kaiserreich und koloniale Migration: Selbstbehauptung und Interkulturalität im Jungen aus Duala
11.15
Intermediale Interventionen
Moderation: Claudia Sackl (Universität Zürich)
- Marlen Rieffel (HU Berlin): Die Soundscapes im Jungen aus Duala – Literarische Repräsentationen kolonialer Gewalt
- Sandra Folie (ZfL): Zwischen Illustration und Subversion: Zeichnungen im Jungen aus Duala
13.30
Genrefragen und Intertextualität
Moderation: Susanne Gehrmann (HU Berlin)
- Timothy Brown, Julia Rebholz* (Universität Tübingen): Der Junge aus Duala als autosoziobiographisches Erzählen zwischen Deutschland und Kamerun
- El-Shaddai Deva* (Universität Maroua, Kamerun): Dualla Misipo im intertextuellen Vergleich mit Ferdinand Oyono und Claire Goll
- Jeannette Oholi* (Dartmouth College, USA): Antirassismus in der Diaspora schreiben: Der Junge aus Duala und Chima Ojis Unter die Deutschen gefallen (Poster)
- Mantahèwa Lebikassa* (Université de Lomé, Togo): Constant Kpao Sarès Tschinku im Gastland: Ein friedenstiftender ›Zwillingsroman‹ des Jungen aus Duala (Poster)
15.30
Identität, Alterität, Hybridität
Moderation: Nadjib Sadikou (Europa-Universität Flensburg)
- Constant Kpao Sarè* (Université d’Abomey-Calavi, Benin): Auswandern mit afrikanischen Dingen im Kopf. Misipos Erfahrungen mit Dingen der Identität und Alterität im (post-)kolonialen Deutschland
- Abidemi Jimoh* (Stanford University, USA): Der Subalterne spricht Deutsch: Hybridity in Der Junge aus Duala
17.00
Podiumsdiskussion
Moderation: Sandra Folie, Gianna Zocco (ZfL)
- Stil, Kanon, Erzählinstanz, Genre. Weitere germanistische und komparatistische Fragen an den Jungen aus Duala
mit Albert Gouaffo (Université de Dschang, Kamerun), Andrea Hartmann (Goethe-Universität Frankfurt am Main) und Nadjib Sadikou (Europa-Universität Flensburg)
Mit einem Asterisk* gekennzeichnete Teilnehmer*innen sind per Zoom zugeschaltet.